Nolana – Fellwechselschafe

Schafwolle war jahrelang ein hochgeschätzter Naturstoff. Jedoch hat sich die Textilindustrie in den letzten 50 Jahren stark verändert. Immer mehr und immer bessere, synthetisch hergestellte Rohfasern werden zur Textilherstellung genutzt. Neben den pflanzlichen Fasern machen diese synthetischen Fasern den Hauptteil des Textilmarktes aus (Minhorst, 2008).
Diese Entwicklung führte zu einem Niedergang des Wollpreises. In Deutschland muss man sich glücklich schätzen, wenn man die Wolle noch kostendeckend abgeben kann. Oft muss sogar bezahlt werden, um die Wolle fachgerecht zu entsorgen (Minhorst, 2008). In der Schweiz kann der Bund zwar die Verwertung der Schafwolle mit Beiträgen unterstützen, aber diese Beiträge werden eher abgebaut als ausgebaut.
Die Haltung von leistungsfähigen Haarschafrassen ist deshalb eine Alternative zur Haltung von Wollschafen. Haarschafe führen einen natürlichen Fellwechsel durch. Sie müssen nicht geschoren werden, was die Haltungskosten deutlich senkt.

Der Fellwechsel beginnt sichtbar bei diesem Nolana-Schaf – das Winterfell fällt innerhalb weniger Wochen aus

In mehreren Ländern sind Bestrebungen erfolgt, solche Rassen zu züchten. Mittlerweile haben sie sich erfolgreich etabliert (Ittig, 2018). Die Rassen sind aus Kreuzungen von Wollschafen mit verschiedenen Haarschafrassen, wie zum Beispiel Wiltshire Horn, Black Belly oder Kamerun Schafen entstanden. Als Vaterrassen wurden jeweils die Haarschafrassen gewählt und als Mutterrassen die Wollschafrassen. Je nach gewählter Wollschafrasse oder Haarschafrasse gibt es Unterschiede, nach wie vielen nachfolgenden Generationen von Kreuzungstieren die Eigenschaft des natürlichen Fellwechsel bereits bei allen Tieren vorhanden ist oder nicht (Minhorst, 2008).
Hierbei handelt es sich im Prinzip um eine Rückzüchtung auf eine alte natürliche Eigenschaft. Die neuen Rassen, welche auf den Fellwechsel gezüchtet wurden, weisen im Optimalfall folgende Fell-Eigenschaften innerhalb der gesamten Herde oder sogar Population auf: Im Sommer eine glatte Kurzhaardecke, im Spätherbst eine Winterfellbildung und im Frühling einen natürlichen Fellwechsel (Minhorst, 2008).
Die Fähigkeit überhaupt einen Fellwechsel durchzuführen, also im Minimum einen teilweisen Fell-wechsel, ist stark genetisch bedingt (Matika et al., 2013) und wird von der jeweiligen Vaterrasse, wie z.B. Wiltshire Horn bestimmt (Slee, 1959). Die Eigenschaft des Fellwechsels wird sehr wahrscheinlich über ein autosomal dominantes Gen durch die Vaterrassen in eine Population eingeführt (Pollott, 2011). Die Dauer und die Vollkommenheit des Fellwechsels werden laut Pollot (2011) von mehreren Genen beeinflusst

Entstehung der Nolana-Schafrasse

Der deutsche Begriff Haarschaf für die Nolanas kann verwirrend sein und wird auch nicht als ganz treffend empfunden für die neuen, leistungsfähigen Schafrassen, welche einen Fellwechsel durchführen. Denn diese machen im Winter ein Winterfell aus Wolle und Haaren. Zwar ist dies nicht einem Vlies ähnelnd wie das der Wollschafe, aber es ist auch nicht nur Unterwolle, wie bei reinen Haarschafen, die eher ein Fell wie eine Ziege haben. Zusammen mit Rafael Ittig vom Schafzuchtverein Nolana Schweiz wird hier die Bezeichnung «Fellwechselschaf» eingeführt. Diese Bezeichnung ist präziser als der Begriff Haarschaf, denn das Fell besteht aus Wolle und Haaren. So wird weder das eine noch das andere ausgeschlossen (Rafael Ittig, Schafzuchtverein Nolana Schweiz, persönliche Mitteilung).

Vom Haarschaf- zum Wollschaf…

Die Domestikation des Schafes begann etwa vor 10’000 Jahren. In der folgenden Zeit wurde aus einem Wildschaf langsam ein Hausschaf. Zu Beginn glich dieses Schaf noch stark dem Wildschaf. Bis heute konnten sich Schafrassen erhalten, welche dieser Form eines sehr ursprünglichen Hausschafs entsprechen. Beispiele dazu gibt es auch am Rande Europas, wie das Soayschaf aus dem Norden Schottlands (Minhorst, 2008).
Bis aus einem solchen noch recht ursprünglichen Schaf ein Schaf mit langer Wolle wurde, vergingen 5000 Jahre (Minhorst, 2008). Die primitiven Schafrassen machen alle einen natürlichen Fellwechsel im Frühling. Das Unterbinden dieses Fellwechsels ist ein Effekt der Domestikation (Ryder, 1983). Aktuell gibt es über 1.500 Schafrassen auf der Welt (FAO, 2015). In den klimatisch wärmeren Gegenden der Erde sind reine Haarschafe sehr verbreitet (Minhorst, 2008).

Wolle, die ständig nachwächst und geschoren werden muss, wurde den Schafen im Laufe der Domestikation aus verschiedenen Gründen angezüchtet. Die Gewinnung von Gold, ein dichtes Vlies um Goldstaub zu sammeln war neben der Verwendung des Rohstoff Wolle für Kleider ein wichtiger Faktor. Wollschafe tragen ein langes und dichtes Vlies, welches ein oder zweimal pro Jahr geschoren wird. Das Vlies besteht aus fein gekräuselter Wolle. Wollschafe haben zwar auch Haare, sogenannte Deck- oder Grannenhaare. Diese wachsen jedoch nur im Gesicht, am Bauch und an der unteren Hälfte der Beine. Ein saisonaler Fellwechsel ist nicht vorhanden. Würden sie nicht geschoren, so würde die Wolle dauernd weiterwachsen (Minhorst, 2008).
Weil dies zu einer grossen Last für das Tier und zu starker Abschirmung der Haut führen würde, schreibt die schweizerische Tierschutzverordnung (TSchV) vor, dass Schafe mindestens einmal pro Jahr geschoren werden müssen (Tierschutzverordnung, 2018).

Das Winterfell ist ausgefallen – die Schur als Arbeits- und damit Kostenfaktor fällt weg bei ansonsten gleichem Haltungs- und Pflegeaufwand,

…. und fast wieder zurück

Reine Haarschafe tragen nur eine Kurzhaardecke. Diese setzt sich zusammen aus Deckhaaren und einer feinen Schicht Unterwolle. Im Herbst bildet sich ein Winterfell von vier bis fünf Zentimetern Länge, welches im Frühling wieder abgeworfen wird. Dieses Winterfell hält nicht wie ein Vlies zusammen und zerfällt bei einer allfälligen Schur.
Nolana Schafe tragen im Sommer eine Kurzhaar- oder Kurzwolldecke, welche im Winter durch ein fettiges und dichtes Winterfell aus Haaren und Wolle ersetzt wird (Schafzuchterein Nolana Schweiz, 2017)
Die Nolana Schafrasse ist eine neue Fellwechselschafrasse. Als Muttergrundlage sind verschiedene lokale oder lokal gebräuchliche Wollschafe eingesetzt worden. Als Vatertiere sind Wiltshire Horn, Barbados Blackbelly oder Kamerun verwendet worden (Minhorst, 2008). Später wurden auch Widder aus anderen neuen Rassen eingekreuzt, wie zum Beispiel Easycare oder Exlana (Rafael Ittig, Schafzuchtverein Nolana Schweiz, persönliche Mitteilung).
Diese neuen leistungsfähigen Rassen sind mittlerweile in mehreren Ländern Europas etabliert und gewinnen an Popularität. Sie werden gleich gehalten wie Wollschafrassen und bringen die gleichen Leistungen, müssen aber nicht geschoren werden (Ittig, 2018).

Janusch Ittig, 2022

Leicht gekürzter Text meiner Bachelor-Arbeit: „Qualität der Entwollung von Nolanas in Abhängigkeit von verschiedenen Parametern“ (2019)

Quellen:

Ittig, J. (2018). Semesterarbeit: Neue Haarschafrassen – Übersicht über neue Schafrassen in Europa, die nicht geschoren werden müssen. Semesterarbeit, Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaft, ZHAW Institut IUNR, unveröffentlicht
Minhorst, R. (2008a), Wie sind die Wollschafe aus den Wildschafen entstanden? Minhorst, R. (2008b), Was genau ist ein Haarschaf?
Minhorst, R. (2008c), Warum in Deutschland Haarschafe züchten?
Minhorst, R. (2008d), Rückkreuzung auf Haarschaf – wie funktioniert das?
Ryder, M. L. (1983), Sheep and Man, Duckworth, London, UK.
Schafzuchtverein Nolana Schweiz. (2017). Rassenbeschreibung. Abgerufen am 24.10.2019 von:
https://www.nolana-schweiz.ch/nolana-schafe/rassenbeschreibung/

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