Grundlagen Boden 2: Die Photosynthese – der Weg des CO2 aus der Luft zum Zucker als Nahrung für Pflanzen / Bodenlebewesen

Das Gas CO2 stellt den allergrössten Teil des gasförmigen Kohlenstoffes auf unserem Planeten dar. Doch riesige Mengen an biogenem (natürlichem) Kohlenstoff sind auch in diversen Depots auf und in unserer Erde als „feste Kohlenstoffe“ gelagert. Dies sind Humusböden, Pflanzen, Holz, aber auch Kohle und Erdöl.
Diese Feststoffe sind (fast) alle pflanzlichen Ursprungs. Sie sind durch Photosynthese aus dem gasförmigen CO2 entstanden. Die „Erfindung“ der Photosynthese, in der frühesten Form durch Blaualgen und Einzeller, hat den Verlauf unseres Planeten entscheidend beeinflusst. Die Erde entwickelte sich von einer lebensfeindlichen „Wüste“ mit einem CO2 Gehalt von rund 10% und kaum Sauerstoff hin zu einem fruchtbaren Planeten mit aktuell rund 0.04% CO2 und 21% Sauerstoff. Auch die Auftrennung von CO2 in den grünen Pflanzen spielte dabei eine wichtige Rolle. Beim Prozess der Photosynthese wird CO2 an einen Rezeptor gebunden. Hierbei entsteht O2 – unter Einfluss von Lichtenergie – aus der Photolyse des Wasser (H2O). Einfacher gesagt: das „O2“, der Sauerstoff geht in die Luft und das „C“ wird zu verschiedenen Zuckerformen weiterverarbeitet, welche dann Pflanze und Tier als Nahrung dient.
In Bezug auf die Landwirtschaft ist es wichtig zu erwähnen, dass dieser Prozess nur läuft, wenn grüne Pflanzen auf den Flächen vorhanden sind. Wir verschenken ein enormes Zucker- und damit Nahrungspotential für die Bodenlebewesen, wenn Flächen im Sommer brachliegen. Durch die Einsaat von Zwischenfrüchten kann die Energie der Sonne via Photosynthese als Zucker den Bodenlebewesen zur Verfügung gestellt werden. Wenn die Solaranlagen brummen, besteht auch grosses Potential für Photosyntheseleistung auf den Feldern. Wir Landwirte sollten Zeiten ohne Hauptfrucht also nutzen und Zwischensaaten u.a. machen.

Grafik: Photosynthese (PS), Foto: Agroscope


Spannend wird der weitere Verlauf dieser Nahrungskette. Die Pflanze hat nun viel Zucker zur Verfügung. Somit ist sie mit Kohlenhydraten eingedeckt. Aber sie braucht weitere Nährstoffe und Spurenelemente. Diese beschafft sie sich durch ein komplexes Zusammenspiel mit der grossen Gemeinschaft (Pilze, Pflanzen, Tiere), in welcher sie lebt. Dieses System hat sich über Millionen von Jahren entwickelt – die optimale Nährstoffversorgung gelingt der Pflanze nicht erst, seit die Landwirtschaft mit Hilfsstoffen „nachhilft“.

Nährstoffaustausch

Mittlerweile ist wissenschaftlich (neu) anerkannt, dass zwischen Pflanzen und Bodenlebewesen ein intensiver Austausch an Nährstoffen, aber auch eine rege Kommunikation besteht. Pilze erschliessen beispielsweise durch ihr Netz an Hyphen (Fäden), welche auch feinste Gesteinsritzen aufschliessen können, den Pflanzen den Weg zu Phosphor. Im Gegenzug bekommen die Pilze, den für sie lebenswichtigen Zucker, welchen sie im Boden nicht vorfinden. Es herrscht ein reger Tauschhandel.

Abbildung: Bodenorganismen ernähren sich von Pflanzenausscheidungen und Wurzelresten
Quelle: www.the-jena-experiment.de

Unsere heutigen Anbausysteme schränken die Möglichkeit für das „Zusammenarbeiten“ innerhalb der Pflanzen- und Bodengemeinschaft aufgrund der fehlenden Vielfalt häufig sehr stark ein. Natürlich können wir unsere Lebensmittel nicht in einem Wald produzieren. Aber wir sollten uns Gedanken machen, wie wir unsere Anbausysteme so gestalten, dass wir ein Optimum an Leistungen dieser natürlichen Zusammenarbeit nutzen können. Zwischenfrüchte, Mischkulturen, Untersaaten und auch Kompost- und Hofdüngeraufbereitung sind mögliche Massnahmen.Kommunikation und Austausches innerhalb der Pflanzen- und Bodenwelt – das ist für viele von uns ein ungewohnter Gedanke. Aber wenn wir das „Denken in Nährstoffversorgung“ aufgeben und uns den biologischen Prozessen, welche eine unglaubliche Wachstumsleistung ermöglichen, neugierig und unbefangen nähern, dann wird es ganz logisch, diese Prozesse in unsere allgemeine Agrarpraxis aufzunehmen. Es braucht ein Denken im „System Pflanzen- und Bodenwelt“

Bild: Pflanzen, Boden, Umwelt -> ein System (Foto Agroscope)

Peter Schweizer, Thurgau, 2020

Dies ist Text 2 der dreiteiligen Serie «Vom CO2 zum gesunden Boden», in Grundlagen Boden 1 schreibt Peter Schweizer zu «Der Kohlenstoff und seine erdgeschichtlichen Hintergründe» und in Grundlagen Boden 3 zu «Was versteht man unter Humus, wie entsteht er und welche Fähigkeiten hat er»

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