Traum-MitarbeiterIn
Und wenn wir unsere(n) TraummitarbeiterIn gefunden haben …, dann können wir die lange To-do-Liste hervor nehmen und wieder einmal ein wenig Altlasten abbauen und Uralt-Projekte angehen, z.B. die Kühlräume neu platzieren und einen neu bauen, das Büro aufräumen, die beiden morschen Holzsilos abbauen und einen Kunststoffsilo aufstellen, die Werkstatt aufräumen und eine Holzheizung einrichten, aufgestaute Arbeiten in meinem Liegenschaftsressort der Kirchenpflege drannehmen und diverse Reparaturarbeiten an den Gebäuden ausführen; vom Bau einer Fotovoltaikanlage auf dem Schweinestalldach sollte ich eigentlich noch gar nichts schreiben … .
Und im allerbesten Fall könnten Therese und ich nicht nur einmal im Februar eine Woche weg, sondern auch einmal im Frühling oder Sommer, wenn unsere Mitbauern so stark wären, dass sie neben dem Hofladen (ohne Backstubenarbeiten) auch einen grossen Teil der Hofarbeiten schmeissen könnten. Dann könnte ich mich vielleicht mehr meinem ‹5. Kind›, der ‹wertorientierten› Gemeindeentwicklung oder Entwicklung einer Region, oder meinem 6., dem Aufbau oder der Verbesserung eines ‹effizienten› Informationssystems für eine Gemeinde oder für eine Gruppe von Gleichgesinnten widmen. Mich belastet, wie in der heutigen Infooverflow-Gesellschaft das Wesentliche verloren zu gehen droht bzw. immer wieder mit grossem Aufwand recherchiert und geschrieben werden muss, statt dass man es einmal gründlich darstellt, einfach zu finden, und dann nur noch zu ergänzen braucht. Aber das wäre wieder ein Thema für sich …
Und Therese, was würde sie gerne machen, wenn sie mehr entlastet würde – unter anderem auch, weil ihr Ehemann mehr Zeit hätte, ihr Arbeit abzunehmen? «Von Kindern träume ich nicht mehr. Mit unserem Nachwuchs, 4 Kindern, sind wir überreich beschenkt. Freiräume würde ich gerne mit Aktivitäten füllen, die mich als Bäuerin stärken und aufbauen. Für mich gibt es drei Gruppen von Wünschen: Jene, die ich jetzt nach der Lebensmitte zu Grabe trage, z.B. Weiterbildungsideen im landwirtschaftlichen und kirchlichen Bereich oder den Wunsch, in einem Orchester zu spielen. Die 2. Gruppe sehe ich als realisierbares Ziel vor mir: Hoffnungsvoll erwarte ich die Möglichkeit, in den nächsten Jahren noch einige grössere Wanderungen mit Christian zu unternehmen, wieder in einem Chor zu singen und wertvolle Freundschaften besser zu pflegen. Die kurzfristigen, kleinen Wünsche sind für mich: regelmässig freie Sonntage, weniger Hektik im Alltag und Feierabend um 20 Uhr. Ich freue mich auf neue Menschen, die Erfahrung und Wissen in unsere Hofgemeinschaft einbringen und sich von der Vielseitigkeit des Mattenhofs begeistern lassen.»
Zurück-Wachsen?! Bis jetzt kam in diesem Bild über die Zeit eines Hofes das Älterwerden, der Tagesablauf, die knappe Erholungszeit und noch knappere Freizeit, die Hoffnung auf MitarbeiterInnen, die von ihrer Zeit bei uns ‹investieren› möchten, und der damit verbundene Ausblick in die Zukunft zur Sprache. Das Thema ‹Hofzeit› könnte auch (entwicklungs)geschichtlich dargestellt werden oder auch, wie die Bauersleute auf die Bedingungen ‹ihrer Zeit› und auf ‹Sachzwänge› vom eigenen Betrieb reagieren. In der ‹Lebensphase Ü50› beginnt vielleicht oft das ‹qualitative Wachstum›, das Aufgeben von Betriebszweigen, die zwar interessant sind, aber einen eher belasten. Es muss nicht mehr alles auf Vollgas laufen, man kann auch einmal sagen, jetzt ist es gut, oder sogar, weniger wäre besser. Damit andere nach uns – oder schon neben uns – auch noch und wieder etwas zu tun haben.
Christian Gamp, Aargau, 2021
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4 ha Kunstwiese, Obst- und Nussbäume.
Max. 50 Mastschweine
Produkteverarbeitung: Most, Brot, Konfitüren, eingelegte Gemüse
Ich denke nicht, dass diese Zeit erst Ü50 beginnt, auch Jungbäuerinnen wünschen sich das!