Grundlagen Pyrolyse 2: Einsatz der Pflanzenkohle in der Landwirtschaft
In diesem zweiten Teil der dreiteiligen Reihe wird erklärt in welchen Bereichen der Landwirtschaft die Pflanzenkohle eingesetzt werden kann und welcher Nutzen daraus entsteht.
Terra Preta
Der Begriff Terra Preta (portugiesisch für ‘schwarze Erde’) wird im Zusammenhang mit Pflanzenkohle oft verwendet. Im ansonsten wenig fruchtbaren Gebiet des Amazonas wurde dunkler, humusreicher und sehr fruchtbarer Boden gefunden. Dieser Boden mit einem hohen Anteil Pflanzenkohle wurde Terra Preta genannt. Auch in anderen Regionen der Welt wurden historische Terra Preta-Böden gefunden. Man geht davon aus, dass diese Böden über einen langen Zeitraum aufgebaut wurden. Die traditionell hergestellte Pflanzenkohle wurde zusammen mit Essensresten, tierischen und menschlichen Fäkalien und anderer Biomasse kompostiert oder fermentiert und ausgebracht.
Zur Bodenverbesserung
Es ist schwer vorstellbar, aber ein Gramm Pflanzenkohle hat durch seine spezielle Struktur eine innere Oberfläche von bis zu 300 m2. Dadurch können Wasser und Nährstoffe zwischengespeichert werden, aber auch Schadstoffe können gebunden werden. So wird zum Beispiel beim Einsatz von Pflanzenkohle im Boden die Nitratauswaschung reduziert. Weiter wird im Boden die Pflanzenverfügbarkeit von Phosphor verbessert. Die Pflanzenkohle lockert und belüftet zudem den Boden. Bei sandigen Böden wird die Wasserspeicherfähigkeit erhöht. Schwere Böden oder verdichtete Böden profitieren durch die Lockerung und Belüftung mit Pflanzenkohle.
Pflanzenkohle stimuliert das Wurzelwachstum, erhöht die mikrobielle Biomasse und deren Aktivität. Die Stickstoff-Fixierung durch Knöllchenbakterien von Leguminosen kann um mehr als die Hälfte gesteigert werden.
Die Wirkung von Pflanzenkohle unterscheidet sich nach Auskunft des Ithaka Instituts je nach Säuregehalt des Bodens. In alkalischen Böden wird die Pflanzenkohle in der Regel nur in Kombination mit Düngemitteln deutliche Verbesserungen bringen. In sauren bis neutralen Böden erbringt auch bloße Pflanzenkohle eine Wachstumssteigerung.
Als Futterzusatz / Silierzusatz
Die traditionelle Anwendung von Kohle bei Verdauungsstörungen oder Vergiftungen ist allgemein bekannt. Seit ca. 2010 wird die Pflanzenkohle im deutschsprachigen Raum vermehrt und regelmässig auch in der Fütterung von Nutztieren zur Verbesserung der Leistung und des Wohls eingesetzt. Dabei werden in Praxis und Forschung folgende positiven Auswirkungen festgestellt: Zunahme der Futteraufnahme, Gewichtszunahme, Erhöhung der Futtereffizienz, Zunahme der Eierproduktion und Eierqualität bei Geflügel, Stärkung des Immunsystems, Verbesserung der Fleischqualität, Verringerung der Klauen- und Fußballenkrankheiten, Verringerung der Tierarztkosten.
Es sollte nur Pflanzenkohle eingesetzt werden, die sämtlicher Futtermittelgrenzwerte einhält. Ausserdem muss die Pflanzenkohle feucht verarbeitet und verabreicht werden. Siehe hierzu die Tipps zur Anwendung von Pflanzenkohle in der Tierhaltung der Verora AG.
Als Stalleinstreu
Pflanzenkohle kann bereits bei der Einstreu verwendet werden. Dabei kann Pflanzenkohle Nährstoffe und Mikroorganismen binden und der hochwertige Mist kann schliesslich ausgebracht werden. Pflanzenkohle in der Einstreu hat weiter folgende Vorteile: verbessert die Stallhygiene und reduziert die Geruchsbelastung, verringert Klimagasemissionen und reduziert Bildung und Ausbreitung von Krankheitserregern, kann feuchte Stellen trocknen und Hufinfektionen reduzieren.
Für Baumkulturen
Substrat mit Pflanzenkohle führt, gemäss Untersuchungen an 36 Baumarten, zu einer mittleren Zunahme des Wachstums um 42 %. Die beste Wirkung wird in jüngeren Wachstumsphasen der Bäume erreicht und wenn die Pflanzenkohle im Bereich der Baumwurzeln eingebracht wird.
Als Düngerzusatz
Die Anwendung von Pflanzenkohle kombiniert mit Dünger bringt eine Ertragssteigerung von 15 % und mehr. Dies ergab eine Auswertung von 56 wissenschaftlichen Untersuchungen zu diesem Thema. Die Verwendung von Dünger aus gelösten organischen Nährstoffen hat gegenüber Dünger aus mineralischen Nährstoffen bessere Wachstumserfolge ergeben. Aus Stroh gewonnene Pflanzenkohle schnitt in diesen Versuchen besser ab als Pflanzenkohle aus Holz. Wichtig ist, dass die Pflanzenkohle möglichst früh in den Dünger eingebracht wird, damit die Kohle mit Nährstoffen angereichert werden kann.
Im Kompost
Es gibt Hinweise auf eine Ertragssteigerung beim Einsatz von Kompost, bei dem Pflanzenkohle Ko-Kompostiert wurde (d.h. die Pflanzenkohle wird zu Beginn des Kompostvorganges in das Kompostgut eingebracht). Allerdings gibt es noch zu wenig Studien oder unklare Untersuchungsresultate. Es ist eine mögliche Variante, um Pflanzenkohle in den Boden zu bringen. Pflanzenkohle kann während der Kompostierung auftretenden Stickstoffverluste um 30 % und die Lachgas-Emissionen (N2O) um 66 % reduzieren.
Gesetzliche Rahmenbedingungen
Es sind bereits viele Pflanzenkohle-Produkte oder Produkte mit Zusatz von Pflanzenkohle auf dem Mark. Es ist darauf zu achten, dass der jeweiligen Hersteller zertifiziert ist oder in den Produkten zertifizierte Pflanzenkohle eingesetzt wird. Die für den ökologischen / biologischen Landbau zugelassenen Produkte sind in den Hilfsmittellisten der jeweiligen Länder aufgeführt.
Zur Anwendung von selbst hergestellter Pflanzenkohle auf dem Eigenen Betrieb: Grundsätzlich darf natürlich auch hier nur Pflanzenkohle verwendet werden, die den Anforderungen des Europäischen Pflanzenkohle Zertifikats (EBC) entsprechen. Allerdings bedarf es dafür keiner Zertifizierung, sondern der Landwirt muss sich sicher sein, dass seine Kohle die Anforderungen erfüllt, was er mit einer Schadstoffanalyse mittels der EBC-Methoden in einem akkreditierten Labor sicherstellen kann. In dieser Weise wird es derzeit auch in der Schweiz gehandhabt. Eine offizielle Stellungnahme der Behörden gibt es dazu aber bisher nicht (Stand: Juli 2021).
Hubert Würsch, 2021
Grundlagen Pyrolyse 2 der dreiteiligen Serie, in Grundlagen Pyrolyse 1 schrieb Hubert Würsch zu «Pflanzenkohle und ihre Klimawirkung» und in Grundlagen Pyrolyse 3 zu «Offene Fragen / Risiken»
Weitere Informationen
Fachverband Pflanzenkohle https://fachverbandpflanzenkohle.org/
Ithaka Institut; internationales Netzwerk für Kohlenstoff-Strategien und Klimafarming https://www.ithaka-institut.org, http://www.ithaka-journal.net/inhalt/klimafarming
Das Europäische Pflanzenkohle Zertifikat https://www.european-biochar.org/de/
Richtlinien für die nachhaltige Produktion von Pflanzenkohle https://www.european-biochar.org/biochar/media/doc/ebc-richtlinien.pdf
Quellen
Bundesamt für Statistik, 2021, Umweltindikator – Lufttemperatur, https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/raum-umwelt/umweltindikatoren/alle-indikatoren/umweltzustand/lufttemperatur.html, aufgerufen am 03.08.2021
Bundesamt für Umwelt, 2021, Emissionen von Treibhausgasen nach CO2-Gesetz und Kyoto-Protokoll, 2. Verpflichtungsperiode (2013–2020)
Deutsches Klima-Konsortium, 2021, Klima-FAQ 6.2 | Kohlenstoffkreislauf, https://www.deutsches-klima-konsortium.de/de/klimafaq-6-2.html, aufgerufen am 14.07.2021
Fachverband Pflanzenkohle e.V., 2021, FAQ Pflanzenkohle, https://fachverbandpflanzenkohle.org/pflanzenkohle/faq-fragen-und-antworten-zur-pflanzenkohle/, aufgerufen am 02.08.2021
Schmidt, H.P., Hagemann N., Abächerli, F., Leifeld J., Bucheli T., Pflanzenkohle in der Landwirtschaft : Hintergründe zur Düngerzulassung und Potentialabklärung für die Schaffung von Kohlenstoff-Senken, Agroscope Science, 112, 2021, 1-71. DOI: 10.34776/as112g
Schmidt H.P., Kammann C., Gerlach A., Gerlach H.: Der Einsatz von Pflanzenkohle in der Tierfütterung, Ithaka-Journal 2016, Arbaz, Switzerland, ISSN 1663-0521, pp. 364-394, www.ithaka-journal.net/95
Umweltbundesamt, 05.07.2021, Die Treibhausgase, https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimaschutz-energiepolitik-in-deutschland/treibhausgas-emissionen/die-treibhausgase, aufgerufen am 13.07.2021
Dein Kommentar
Erfahrungswissen zu diesem Thema?Verfasse ein Kommentar!