Bio Oase Menzingen
In der ehemaligen Gletscherlandschaft bewirtschaftet die Familie Strickler die Bio Oase. Zur Besonderheit des Hofes gehört wohl, dass die Hanglagen mit einer Kombination aus Ackerbau und Obstäumen bewirtschaftet werden.
Der Weg von Menzingen Dorf bis zur BioOase von Pius und Doris Strickler führt durch eine eindrucksvolle Moränenlandschaft. Vor Urzeiten wurden die Hügel dieser Landschaft vom Reussgletscher und dem Linthgletscher durch Umfliessen geformt. Aus Bruchstücken der gewaltigen Gletschermassen, aus sogenanntem Toteis entstand der Zugersee. Der Boden bildete sich erst, nachdem die Gletscher sich zurückgezogen hatten. Die ersten Spuren menschlichen Lebens am Zugersee stammen aus der Zeit um 14’000 vor Christus. Es sind Jagdwaffenspitzen aus Feuerstein, die man gefunden hat.
Sämtliche Bäume in dieser Landschaft wurden von Menschen gepflanzt. Pius und Doris Strickler pflanzen auch Bäume, hauptsächlich Apfelbäume, aber auch andere Obstsorten sowie Kastanien. Wenn man sich auf der kurvenreichen Strasse dem Hof nähert, sieht man sie plötzlich. In langen Reihen stehen sie da. Man kann auch Baumpate werden und die Verantwortung für einen Baum übernehmen. Theoretisch gehört die Ernte dem Paten. In der Praxis wird es aber anders gemacht. Einmal im Jahr trifft man sich und dann gibt es für jeden einen Ernteanteil.
Zwischen den Reihen der Obstbäume wachsen je nach Jahreszeit und Fruchtfolge Gras für die Kühe oder verschiedene Getreidesorten: unter anderem Urdinkel, Roggen, Hafer, Einkorn und Emmer. Ausserdem werden Erbsen und Klee angebaut, einerseits für die Stickstoffversorgung des Bodens und als Futter für die Tiere. Die Kombination von Ackerbau und Obstbäumen in solchen Hanglagen ist etwas Besonderes. «So etwas sieht man nicht oft», sagt auch mein Kollege Ulrich Hampl, der den Hof zum Thema Bodenentwicklung berät. Und diese Art der Bewirtschaftung macht Sinn. Die Bäume bringen Stickstoff in den Boden und geben ihm durch ihr Wurzelwerk Halt. Aber lohnt sich der Aufwand? Für die Stricklers rechnet sich diese Form der Bewirtschaftung.
Das Getreide wird auf dem Hof zu Flocken und Mehl verarbeitet und kann dort auch über mehrere Jahre problemlos gelagert werden.
Je extensiver gewirtschaftet wird, umso intensiver ist der Geschmack.
sagt Pius. Den Stricklers ist wichtig, Lebensmittel in höchstmöglicher Qualität zu produzieren.
Die Getreideflocken aus Emmer, Einkorn und Urdinkel, die ich mit nach Hause nahm, und der Schweinebraten, den es bei meinem Besuch zum Mittagessen gab, überzeugten durch einen aussergewöhnlichen Geschmack. Die Produkte der BioOase sind ein gutes Beispiel dafür, dass qualitatives Wachstum im Einklang mit der Natur gut funktionieren kann.
Die Äpfel der vielen verschiedenen Sorten waren bereits geerntet, als ich zu Besuch kam. Sie lagern in Kisten im Kühlraum und verströmen ein Feuerwerk erfrischender süss-säuerlicher Aromen.
Die Stricklers bewirtschaften insgesamt 23 Hektar. Teilweise ist der Boden sehr dunkel. Man ahnt die Bemühungen vieler Generationen von Bauern, die nötig waren, damit ein solcher Boden entstehen konnte.
Pius Strickler weiss, was es bedeutet, Boden aufzubauen. Die Stricklers haben herausgefunden, dass die Erhaltung und Steigerung von Humus auf diesem Standort ohne Tiere nicht geht. «Ich will am Ende meines Lebens sagen können: Das ist ein guter Boden. Damit kann man was machen.» Der Kompost wird auf dem Hof nach dem System Lübcke selbst hergestellt und zusätzlich noch welcher vom Nachbarn erworben, der sich auf die Herstellung von hochwertigem Kompost spezialisiert hat.
Die Nachhaltigkeit ist für mich der Humusaufbau.
Den Hof haben die Stricklers 1998 käuflich erworben und im Jahr 2000 auf Bio umgestellt. Seit 2017 wird der Hof nach bio-dynamischen Richtlinien (Demeter) bewirtschaftet.
Die Stricklers haben zwei Kinder. Sohn Roland macht gerade eine Ausbildung zum Landwirt und ist im dritten Lehrjahr. Tochter Anita hat ihre Ausbildung zur Gärtnerin in diesem Sommer beendet. Sie hat die Arbeit in grossen Gewächshäusern kennengelernt und herausgefunden, dass das nicht ihre Welt ist. Jetzt ist sie wieder ganz auf dem elterlichen Hof und macht alles, was eben so anfällt. Ihr gefällt die Abwechslung. Sie hat Freude an der Natur, ist gern viel draussen. Die Kinder haben in ihrer Kindheit erlebt, dass der Bauernberuf Freude macht. Die Stricklers haben mir erzählt, als die Kinder noch klein waren, da gab es einen Tag, an dem die Familie gerade mit der Kartoffelernte beschäftigt war. Die Kinder freuten sich den ganzen Tag auf das Baden. Später erzählten die Kinder mehrmals, dass nicht das Baden das Highlight dieses Tages war, sondern das Kartoffeln stechen. «Man muss sich eben vor den Kindern nicht die ganze Zeit über die viele Arbeit beklagen». Auf dem Hof leben immerhin etwa dreizehn Kühe, ebenso viele Kälber und Mastrinder. Ein paar Schweine und etwa zwanzig Hühner.
Die Anzahl der Tiere wird immer angepasst an die jeweilige Situation, ist also variabel. Bei den Kühen ist die Variable das Alter, in dem die Kälber geschlachtet werden. Auch die Anzahl der Schweine und Hühner variiert. Es gibt nicht mehr von ihnen als der Hof ernähren kann. Und das ist abhängig von der Fruchtfolge, vom Klima und anderen Faktoren.
Die Tiere bekommen keine Antibiotika. Das ist auch nicht nötig. Und wenn doch mal etwas ist, dann behilft man sich mit homöopathischen Mitteln. Auch die Pflanzen werden mit homöopathischen Mitteln behandelt. Das funktioniert und ergänzt die Arbeit mit bio-dynamischen Präparaten.
Doris Strickler arbeitet nebenher noch als holistische Kinesiologin. Insgesamt war mein Eindruck: bei den Stricklers wird viel gearbeitet, manchmal vielleicht etwas zu viel. Auch wenn die Arbeit Freude macht und erfüllt, freuen sich Pius und Doris Strickler auf die Zeit, wo die Kinder mehr Verantwortung übernehmen können und für sie selbst mehr Freiräume entstehen.
Wir wünschen der Familie Strickler und der BioOase eine fruchtbare Zukunft.
Von Christopher Schümann
Dieses Hofportrait ist zuerst erschienen im Magazin des Bodenfruchtbarkeitsfonds. Der Bodenfruchtbarkeitsfonds ist ein Projekt der Bio-Stiftung Schweiz mit dem Ziel, dass möglichst viel fruchtbarer Boden an nachfolgende Generationen übergeben werden kann. Mehr Infos unter: bodenfruchtbarkeit.bio
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