Ab in den Schnee? Viele Nutztiere sind winterfest und mögen’s kühl

Rinder, Kühe oder gar Schweine im Winter auf der Weide. Ein seltenes Bild. Viele Nutztiere sind auch bei kühlen Temperaturen gerne unter freiem Himmel. Der Schutz vor Nässe und Kälte ist jedoch zentral.

Kühe und Rinder auf der Weide am Grasen: Im Sommer gehört diese Idylle zum typischen schweizerischen Landschaftsbild. Doch im Winter sind die Weiden leer, von den 1,5 Millionen heimischen Rindern und Kühen sind meist nicht viele zu sehen. Bei Schneefall schon gar nicht. Da die Weiden nicht nur dem Bewegungsbedürfnis der Tiere dienen, sondern vor allem auch die Futterversorgung von Rindern sicherstellen, möchten Landwirte eine Überweidung vermeiden. Bei längerem Niederschlag drohen meist auch durch die Tiere verursachte Trittschäden im Boden. Und Glatteis kann natürlich nicht nur für Menschen, sondern auch für Tiere eine Verletzungsgefahr bedeuten. In der Vegetationsruhe wird deshalb meistens kein Vieh auf die Weide gelassen. Viele Tiere verbringen die Wintersaison daher im Stall. Wenn Rinder oder Kühe auf einem Label-Betrieb oder nach RAUS-Bestimmungen leben, dürfen sie mindestens alle zwei bis drei Tage für kurze Zeit nach draussen in den Laufhof. Anders auf KAGfreiland-Betrieben: Hier ist täglicher Auslauf im Laufhof im Winter Pflicht. In einem genügend grossen Laufhof können die Tiere ihr Bedürfnis nach frischer Luft, Sonne und Bewegung stillen. Viele KAGfreiland-Produzenten gehen aber weiter und lassen ihr Rindvieh auch im Winter auf die Weide, wie Marcel und Sabina Heinrich vom KAGfreiland-Hof Las Sorts in Filisur im Albulatal: «Die Tiere haben eine riesen Freude im Schnee. Ausserdem ist Schnee gut für die Klauen, die werden nämlich so geputzt. Sie gehen auch gerne in den Tiefschnee, dort bleiben sie jedoch fast stecken und der Bewegungsradius ist dann etwas eingeschränkt», schildert Marcel Heinrich schmunzelnd.

Die Tiere haben eine riesen Freude im Schnee.

Marcel Heinrich, KAGfreiland-Hof Las Sorts in Filisur

Vor allem Rinder und Kühe sind winterfest. Sie mögen’s kühl. Die optimale Wohlfühl-Temperatur beim Rindvieh liegt zwischen 0 bis 15 Grad Celsius. Aber auch Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt machen ihnen nichts aus. Ähnlich wie bei Haustieren, bildet sich auch bei Rindern und Kühen im Herbst ein schützendes Winterfell. Gerade laktierende Milchkühe mögen es besonders kühl: Bei der Milchproduktion wird durch den intensiven Stoffwechselvorgang sehr viel Wärme freigesetzt, ähnlich wie beim Menschen, der Sport treibt. Einer Milchkuh ist es also hierzulande eher zu heiss als zu kalt.

Kuh und Kalb im Schnee auf dem KAGfreiland-Hof Las Sorts in Filisur

Anders bei Nässe: Bei starkem Regen und Wind hingegen verziehen sich auch die winterfesten Rinder und Kühe dann doch lieber unter einen Unterstand oder in den grosszügig eingestreuten Stall.

Kälber brauchen mehr Schutz

Da bei Kälbern das Fell noch weniger dicht und die Haut noch viel dünner ist als beim ausgewachsenen Rindvieh, sind winterliche Verhältnisse für ihren Organismus eher eine Belastung. Innerhalb der ersten Lebenswochen liegt die Wohlfühl-Temperatur von Kälbern zwischen 15 bis 25 Grad °C. «Kälber können zwar aufgrund ihrer Physiologie mit niedrigen Temperaturen umgehen, beispielsweise in Kälberiglus bei –5 °C, doch das ist schon eine grosse Herausforderung für den Organismus», erklärt Martin Kaske, Geschäftsführer des Kälbergesundheitsdienstes. «Solche Umstände können sie nur bewältigen, wenn ihnen ausreichend Energie zugeführt wird, das heisst, wenn sie viel Milch bekommen». Zudem sei gerade bei Kälbern der Schutz vor Wind und Nässe unerlässlich. Wichtig ist vor allem genügend Einstreu, trockenes Stroh, damit sich die Kleinen ein Nest bauen können. Oftmals erhalten Kälber auch spezielle Kälberdecken von den Landwirten – eine durchaus sinnvolle Massnahme. «Grundsätzlich lieben Kälber keine Kälte, schliesslich sind das Neugeborene, Babys, und die mögen es nun mal warm», so Kaske.

Grundsätzlich lieben Kälber keine Kälte, schliesslich sind das Neugeborene, Babys, und die mögen es nun mal warm.

Martin Kaske, Geschäftsführer des Kälbergesundheitsdienstes Schweiz

Schweine sind nicht so heikel

Warm mögen es auch Schweine. Ferkel, Zuchtsauen und Mastschweine haben unterschiedliche Temperaturansprüche. Ferkel benötigen in den ersten Lebenstagen eine Temperatur über 32 Grad, welche im Stall oft nur mit Wärmelampen zu erreichen ist. Später gelten 18 – 23 Grad als optimal. Zuchtsauen mögen es etwas kühler. Grundsätzlich können sich Freilandschweine aber auch im Winter gut den Gegebenheiten anpassen: «Unsere Freilandschweine springen beim ersten Schnee im Jahr freudig auf der Weide umher und wühlen auch gerne im Schnee», erzählt Matthias Zimmermann vom KAGfreiland-Biohof im solothurnischen Küttigkofen. «Wenn die Schweine dann aber merken, dass sie kalte und nasse Füsse bekommen, verziehen sie sich schnell wieder in ihre trockene Hütte». In der kalten Jahreszeit bei Temperaturen um den Gefrierpunkt sollte auch für ausgewachsene Freilandschweine mindestens eine gut isolierte Hütte mit Vorhang, welcher vor Wind schützt, vorhanden sein. Und wie bei den Kälbern gilt auch hier: trockene und grosszügige Einstreu ist im Winter wie auch im Sommer für das Wohlbefinden der Schweine sehr wichtig.

Spass im Schnee: Das Schwein vom KAGfreiland-Hof Küttigkofen

Lieber Staub- als Schneebad

Für das Wohlbefinden der Hühner sind Temperaturen im zweistelligen Bereich am angenehmsten. Hühner stammen ursprünglich aus dem südostasiatischen Raum, also aus tropischem Gefilde. Ihr Federkleid weist kein zusätzliches Daunenkleid auf wie beispielsweise bei der Gans. Trotzdem kommen sie auch mit den hiesigen Temperaturen klar, sofern ihr Stall trocken und frei von Zugluft ist. Ein Bad im Schnee wäre aber für viele Hühner doch zu viel des Guten. «Unsere Legehennen setzen vielleicht mal kurz einen Fuss in den Schnee, flüchten aber danach bald wieder in den Stall», erzählt Dani Mahler, KAGfreiland-Produzent vom Gutsbetrieb Eichberg im aargauischen Seengen. «Wir bauen ihnen jeweils mit Schnitzel einen Weg, dann sind sie draussen doch etwas unternehmungslustiger.» Der Eierproduzent baut in diesen Wochen eine Heizung im Legehennen-Stall ein. Sein Aufzucht-Stall ist bereits beheizt, da Küken zwingend eine Temperatur um die 35 Grad benötigen.

Hühner weichen dem Schnee gerne aus.

Dicke Wolle als Schutz

Schafe sind diejenigen Nutztiere, welche man im Winter am meisten auf zugeschneiten Weiden sieht. Die Tiere begegnen der Kälte mit einer erhöhten Stoffwechselintensität und längerfristig mit morphologischen Anpassungen, wie verstärkten Fellwachstum und Fettaufbau. Trockene Kälte wird sehr gut toleriert, wenn Schafe nicht kurz davor geschoren wurden und durch eine ausreichende Bewollung geschützt sind. Auch bei Schafen braucht es bei anhaltender Kälte und Nässe laut Tierschutzverordnung (Art. 36 Abs. 1 TSchV) einen trockenen und windgeschützten Witterungsschutz, so dass die Tiere vor dem Durchnässen und Auskühlen bewahrt werden. Für viele Nutztiere gilt also: auch wenn sie kalte Temperaturen aushalten können und sich auch gerne in den Schnee wagen, der Schutz vor Nässe und Wind ist für alle zentral.

Simone Steiner, KAGfreiland 2023

Dieser Text erschien im KAGMagazin von KAGfreiland, Februar 2023.

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