Schweinefütterung damals und heute: Waldweide und Baumfrüchte

Vielfältiges Futterangebot von Bäumen

Heute ist der berühmte Iberico-Schinken für seine besondere Fütterung mit Eicheln bekannt. Doch diese Praxis war früher nicht nur in Spanien, sondern in ganz Europa verbreitet. Schweine wurden mit einer Vielzahl von Baumfrüchten gemästet, die nicht nur nahrhaft, sondern oft auch eine günstige Alternative zu Getreide waren. Nebst Eicheln spielten auch andere Nüsse und Früchte eine Rolle:

  • Kastanien
  • Bucheckern
  • beschädigte, wurmige Äpfel
  • (Wild)birnen
  • Trester
  • Butternuss (Juglans cinerea) in Nordamerika

Nüsse

Landwirte und Ladwirtinnen schätzten Eicheln, Bucheckern und Kastanien besonders, wobei ihre genaue Verwendung nicht immer gleich war. Schon früh gab es Erkenntnisse darüber, welche Baumfrüchte sich besonders gut zur Mast eigneten und welche unerwünschte Effekte hatten. Der englische Tierarzt William Youatt schrieb dazu:

Eicheln und Bucheckern fressen die Schweine mit Begierde und sie gedeihen durch dieses Futter gewiß so gut, daß es leicht ist, sie nachher vollends fett zu machen. Eicheln, welche an der Sonne und Luft getrocknet wurden, sind nützlicher, als frisch gefallene grüne; am vorteilhaftesten aber verwendet man sie, wenn sie getrocknet oder geröstet, sodann zerkleinert und entweder zu einem Brei gekocht oder mit reinem, siedendem Wasser übergossen worden sind. Durch Zusatz von etwas Salz wird dieses Futter äußerst schmackhaft, die Thiere fressen es gierig und es mästet sie leichter als rohe Eicheln.1

Doch nicht jede Nuss hatte nur Vorteile. So machten Bucheckern das Fett der Schweine weich und ölartig, weshalb man sie oft mit Eicheln mischte, um eine bessere Fleischqualität zu erhalten. Auch Nüsse wurden mit Vorsicht eingesetzt:

Nüsse sollte man den Schweinen, weil sie das Fett weich und schmierig machen und dem Fleisch einen süßlichen, unangenehmen Geschmack geben, nicht füttern. Sie lieben dieselben jedoch außerordentlich, so daß sie, wenn sie Nüsse bekommen können, sich um anderes Futter wenig bekümmern.1


Trotz dieser Bedenken in Europa empfahl man in Nordamerika die Butternuss (Juglans cinerea) für die Schweinemast.

Kastanien

Kastanien hingegen galten in vielen südlicheren Regionen Europas als besonders wertvolles Futtermittel. Sie wurden vor allem am Ende der Mast eingesetzt, da sie das Fleisch fester und aromatischer machten:

In vielen Gegenden des Continents, wo Kastanien in Menge wachsen, bilden sie ein Hauptnahrungsmittel für die Schweine; sie sind, namentlich wenn sie am Ende der Mästung gegeben werden, außerordentlich nahrhaft. Sie bewirken ein festes und sehr schmackhaftes Fleisch. Selten gibt man sie roh, sondern entweder geröstet oder in kochendem Wasser eingeweicht. […]1

Pilze – früher geschätzt, zum Teil gefährlich

Ebenfalls aus dem Wald stammen Pilze, die besonders zur Eiweissversorgung von Schweinen empfohlen wurden. Anton Senner und Paul Brohmer geben in ihrem Buch Heimatnatur : eine wirtschaftlich gerichtete Tier- und Pflanzenkunde […] folgenden Tipp:

Setze gekochte Speisepilze (auch madige) dem Schweinefutter zu! Erklärung: Pilze haben einen höheren Nährwert als Kartoffeln. Sie können in pilzreichen Gegenden sehr gut zum Strecken der Kartoffeln verwendet werden. Im Osten Deutschlands benutzt man dazu mit Vorliebe den Mordschwamm, der daher auch Saupilz genannt wird. Aber alle anderen Speisepilze sind ebenfalls zu diesem Zweck geeignet.

Senner, Anton: Heimatnatur : eine wirtschaftlich gerichtete Tier- und Pflanzenkunde auf Grundlage von Beobachtungen und Versuchen für Volks-, Mittel-, Fortbildungs-, Fach-, Berufsschulen, […]. Frankfurt a. M. : Diesterweg, 1924. Stiftung Pestalozzianum, NN 977, https://doi.org/10.3931/e-rara-97630 / Public Domain Mark

Über die Anfälligkeit von Schweinen auf verschiedene Pilze und deren Gifte lässt sich wenig Literatur finden, es empfielt sich deshalb, sehr vorsichtig zu sein. Insbesondere ist über den Mordschwamm heute bekannt, dass er mutagene Substanzen enthält, die auch durch Erhitzen oder Silieren nicht zerstört werden. Dieses Beispiel zeigt, dass historische Fütterungsempfehlungen manchmal mit Vorsicht genossen, und in den Kontext neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse gestellt werden müssen.

Obst

Wurmstichiges oder beschädigtes Obst wurde oft an Schweine verfüttert

Nicht nur Nüsse spielten eine Rolle in der Schweinefütterung. In vielen Gegenden wurde auch Obst und seine Nebenprodukte in grossen Mengen verfüttert, insbesondere wenn es in Überschuss vorhanden war:

In Amerika, wo es Aepfel und Kürbisse im Ueberfluß gibt, verfüttert man sie den Schweinen. […] Wir haben allerdings nicht oft überflüssige Aepfel; in Jahren aber, in denen die Ernte reichlich ist, gibt man die Herabgefallenen, die schlechten oder angegriffenen und den Rückstand nach der Ciderbereitung den Schweinen, wodurch der Aufwand für theuereres Futter erspart wird, wenn auch der Nutzen an sich nicht sehr groß ist; namentlich wenn man mehr auf ökonomische Haltung, als auf schnelles Mästen sieht.1


Auch in Südeuropa war Obst ein wichtiger Bestandteil der Schweinefütterung. Die örtliche Bevölkerung nutzte besonders Wildbirnen (Pyrus pyraster). Ihre Bedeutung reicht bis in die Antike zurück: Schon zur Zeit des Aristoteles galten sie als eines der Hauptfuttermittel für griechische Schweine. Angaben zum Nährwert von Äpfeln und Apfeltrester für Schweine finden sich hier.

Waldweide heute

Da heute die landwirtschaftliche Nutzung des Waldes in der Schweiz grundsätzlich verboten ist, ist eine Beweidung mit Schweinen momentan wenn überhaupt nur im Rahmen von Pilotprojekten möglich. In Deutschland gibt es ein Projekt, das sogenannte Eichelschwein.

Arbeitswirtschaftlich gesehen wäre es natürlich interessant, wenn sich die Tiere einen möglichst grossen Teil des Futter selber suchen, ohne dass menschliche Arbeit nötig ist. Dem entgegen gesetzt stehen die historischen Fütterungsempfehlungen, die eine Aufbereitung des Futters vorsehen. Ein Kompromiss scheint hier am ehesten möglich, wenn die betreffenden Nahrungsmittel wie Kastanien für die menschliche Ernährung gesammelt werden und lediglich der Abgang für die Schweine verwendet wird. Dabei fällt aber wiederum der (Wald-)Weidegang der Tiere weg.

Die Fütterung mit (Fall-)Obst ist im Gegensatz zur Waldweide ohne grössere Aufwände umsetzbar. Denkbar ist einerseits ein Weidegang der Schweine in Hochstammobstgärten, aber auch eine Stallfütterung mit aussortiertem Obst oder Trester.

Neben der Auswahl des Futters war auch die Futtergewöhnung entscheidend. Der deutsche Agronom Schweitzer weist darauf hin, dass es sehr wichtig ist, die Schweine bereits frühzeitig an ihr Mastfutter zu gewöhnen. Plant man also, seinen Schweinen beispielsweise Kastanien zu verfüttern, lohnt es sich, bereits die Ferkel mit diesen vertraut zu machen.


Laura Gisler, 2025

Quellen

1Weiß, C. F. H.: Das Schwein: seine Eigenschaften, Zucht und Behandlung im gesunden und kranken Zustande, und Geschichte seiner Racen: nebst einer Anleitung zum Einsalzen und Räuchern […]. Stuttgart: Verlag der J.B. Metzler’schen Buchhandlung, 1852. ETH-Bibliothek Zürich, Rar 36735, https://doi.org/10.3931/e-rara-80972 / Public Domain Mark

Sämtliche Quellen sind verfügbar und online abrufbar:



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