Low Stress Stockmanship Grundsätze
Das Grundprinzip ist, dass man Rinder nur so schnell treibt, dass sie laufen und nicht rennen. Dadurch sind sie viel leichter lenkbar.
Kühe laufen dorthin, wo sie hinschauen, wenn sie also den Kopf drehen, sollte man schon mal überlegen, wo man als nächstes sein sollte. Ist man zu Fuß geht man hinter der Herde hin und her (indirekter Impuls), ich meine damit, nicht einkreisend wie ein Fleischfresser, sondern geradlinig von rechts nach links und wieder zurück. Dadurch schaut man nicht frontal auf die Rinder, sondern geht quasi an ihnen vorbei, und sie gehen schon entspannter, weil der treibende Druck wieder nachlässt. Außerdem hält man die ganze Herde am Laufen und kein Tier bleibt zurück. Es ist auch möglich, einen direkten Impuls mit Blick auf den Hüftknochen des Tieres zu geben. Weicht es, geh ich einen Schritt zurück.
Lenken
Wenn die Herde abbiegen soll, muss man auf die jeweils andere Seite gehen und entweder (wenn man genug Platz hat) quasi links/rechts von der ganzen Herde sein oder (wenn man auf einem Weg läuft) bis nach ganz vorn gehen um den Kopf der Herde, d.h. die ersten Tiere, in die gewünschte Richtung zu lenken. Ist nicht genug Platz, kann man das Auge und den toten Winkel nutzen – tritt man auf der Innenseite in den toten Winkel ein, dreht sich die Kuh auch, wobei man dafür natürlich mehr Vertrauen haben musst, dass die Methode funktioniert.
„Look for the hole!
Richtig interessant wird es aber erst, wenn man Rinder sortieren will. Zum Sortieren bringt man die Herde in die Korral, in dem es verschiedene Einzäunungen gibt mit vielen Toren. In der Mitte ist der Sorting Pen, außerhalb der Treibgang mit Fangstand, auf der anderen Seite eine Verlademöglichkeit. Die Rinder werden zuerst in den Sorting Pen gebracht. Es ist Kuh-Psychologie durch das gleiche Tor wieder rausgehen zu wollen, durch das sie gekommen sind. Das nutzen wir aus und sortieren sie an dem Tor in 3-4 verschiedene Richtung. Einer bringt die Tiere einzeln zum Tor, derjenige am Tor steht da, wo sie nicht hingehen sollen. Es ist wichtig, dass derjenige nach unten schaut und wiederum nicht wie ein Raubtier dem Tier entgegen blickt, sonst würden die Rinder nicht zum Tor rausgehen wollen.
Wenn Kühe und Kälber voneinander getrennt werden, schaut man den Kälbern ins Gesicht und dreht sich, wenn eine Kuh kommt, etwas beiseite. Dadurch, dass immer ruhig gearbeitet wird, wissen die Kühe schon, was zu tun ist und gehen selbstständig zum Tor raus. Derjenige, der in der Herde läuft, muss demnach nur die Kälber zurückhalten.
Bud Box
In Deutschland ist ja noch immer der Trichter sehr beliebt oder das Durchtreiben durch Fangeinrichtungen von hinten nach vorne. Für uns Menschen ist das logisch, hinten rein, vorne raus – die Rinder müssen ja nur durchlaufen. Für die Rinder ist das ziemlich unlogisch, denn sie gehen gern an den Ort zurück, wo sie herkamen und sich wohl fühlten. Sie laufen nicht gern frontal auf etwas zu (wie wir Raubtiere), sondern gehen gern in Kurven. Sie wollen uns Menschen auch im Auge behalten, was ziemlich schwierig ist, wenn der Mensch immer hinter einem (im toten Winkel) herläuft.
Damit es den Tieren leichter fällt, in die Enge zu gehen und schließlich im Fangstand zu stehen, lohnt es sich zu denken wie eine Kuh, und den Korralaufbau gut zu überlegen, aber auch wieder zu überdenken, falls es an einer Stelle hakte. Bud Williams hat natürlich auch hier Vorarbeit geleistet und die Bud Box erfunden. Das Prinzip ist, dass der Mensch ein Tor für die Tiere öffnet, womit er quasi neuen Platz schafft. Da die Tiere ihn beobachten, sehen sie das geöffnete Tor auch und wenn er nun in den Raum der Tiere hineingeht, nehmen sie gern den Ausgang durch das Tor.
Klingt nach Zauberei und ist viel zu schwierig für die „dummen Rindviecher“? Ein paar Videos können das untermauern: https://stockmanship.wordpress.com/bud-box/
Anja Hradetzky, Brandenburg, 2020, https://stolzekuh.de/
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