Rätisches Grauvieh: Die Kuh mit Perspektiven
Die Populationsanalyse der Zweinutzungs- und Pro Specie Rara-Rasse Rätisches Grauvieh zeigt das Potential einer Kuh, welche als effiziente Raufutterverwerterin besonders im Berggebiet, aber auch für Biobetriebe im Tal eine interessante Zukunftsperspektive bietet.
“Jöö, sind die herzig”, ist nicht selten zu hören, wenn Wanderer am Rätischen Grauvieh auf dem Hof von Toni Arnold oberhalb von Wolfenschiessen NW vorbei kommen. Doch 29 Jahre nach der Wiedereinführung des kleinrahmigen und robusten Albula-Schlages aus dem Oberinntal in die Schweiz reicht das niedliche Aussehen alleine nicht aus, um in der Konkurrenz mit anderen Rassen bestehen zu können. In der jüngsten Populationsanalyse der aktuell 2’463 hiesigen Tiere wurden deshalb 2014 in einer Abschlussarbeit an der ZHAW die Populationsentwicklung, die Inzucht- und Leistungsdaten sowie die Betriebsstrukturen und die Erreichung der Zuchtziele innerhalb der Genossenschaft der Grauviehzüchter (GdG) ermittelt.
Überdurchschnittlich viele Bio- und Bergbetriebe
Unter den 193 Betrieben der Genossenschaft der Grauviehzüchter gibt es auch Hobbybäuerinnen und -bauern und LiebhaberInnen alter Rassen, denen die Erhaltung der genetischen und kulturellen Vielfalt wichtiger ist als Leistungsmerkmale und Ranglisten. Sie sorgen für eine grosse Anzahl Grauvieh-Familien und leisten so einen wichtigen Beitrag zur genetischen Breite innerhalb der Rasse. Jedoch werden von den 193 Betrieben der GdG werden zwei Drittel im Haupterwerb geführt. Dass drei Viertel der ZüchterInnen dem Grauvieh seit mindestens zehn Jahren treu sind, ist ein weiteres Indiz dafür, dass die Rasse auch ökonomisch ihren Bedürfnissen gerecht wird.
Wie Toni Arnold mit seiner Mutterkuhherde setzen heute die meisten GdG-Betriebe auf die ausgezeichnete Fleischqualität der Rasse (CH-Tax: H-T 2-3). Aber auch die Milchleistung ist mit 8.37 kg Milch pro kg Lebendgewicht pro Standardlaktation durchaus vergleichbar mit der Leistung von Original Braunvieh auf Bio-Betrieben (8.48 kg).
Das Beispiel des Familienbetriebes von Walo und David Perreten, welche in ihrer neu gebauten Käserei ihre Bio-Milch zu Bergkäse verarbeiten, zeigt, wie die Rasse auch in der Milchproduktion mit ensprechender Wertschöpfung eingesetzt werden kann. Vor allem die GdG-Be-triebe mit Direktvermarktung zeigten sich mit den erzielten Erlösen zufrieden.
Die meistgenannten Gründe für die Rassenwahl sind folgende: Robustes, anspruchsloses Tier, gute Grundfutterverwertung, ideal für Hanglagen sowie gute Leistung mit extensiver Haltung und Fütterung. Die Gesundheit der Tiere ist den Züchtenden am wichtigsten, was die Rasse mit einer Lebensdauer von 9.8 Jahren eindrücklich bestätigt.
Es überrascht deshalb nicht, dass zwei Drittel der GdG-ZüchterInnen in den Bergzonen II bis IV beheimatet sind und dass 61 % ihre Betriebe nach Biorichtlinien bewirtschaften. Die Rasse ist eine effiziente Raufutterverwerterin und eignet sich ausgezeichnet für eine Haltung ganz ohne Kraftfutter. Mit einer durchschnittlichen Widerristhöhe von 119.4 cm und einem Gewicht von 444 kg (über 1-jährige, weibliche Tiere) entspricht die aktuelle Population dem definierten Rassestandard.
Weitere Informationen und Kontakte zu den verschiedenen Zuchtorganisationen gibt es unter der gemeinsamen Website von Grauvieh Schweiz.
Hubert Würsch
Die komplette Arbeit kann als PDF direkt bei Hubert Würsch bestellt werden: whubi ‘at’ gmx.ch.
Verein Rätisches Grauvieh Schweiz: www.grauvieh-schweiz.ch
Hof von Toni Arnold: www.oberoup.ch
Familienbetriebes von Walo und David Perreten: www.baergheimet.ch
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