Champagner-Roggen als Brotgetreide
Bei einer Saatguttagung habe ich das erste Mal ein Brot aus Champagnerroggen probiert. Es hat mir so gut geschmeckt, das wollte ich täglich haben bzw. auch gleich den Roggen selber anbauen. Ich bin also beim Verein zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflanzen, kurz VERN e.V. Mitglied geworden und habe mir Saatgut aus Greifswald bestellt.
Der Champagerroggen passt als alte Sorte gut in meine Ideologie, weniger Hybride einzusetzen und Saatgut selber nachzubauen und weiterzuzüchten. Ich baue den Roggen jetzt schon das zweite Mal nach.
Der aus Frankreich stammende Champagner Roggen taucht 1898 erstmals im Verzeichnis der deutschen Landwirtschaftsgesellschaft auf. Anfang des 20. Jahrhunderts war er noch eine der am meisten angebauten Sorten Deutschlands. Er wurde durch Hybridsorten verdrängt, da er nicht mit den höheren Erträgen mithalten konnte. Geschätzt wurde er für seine Anspruchslosigkeit gegenüber dem Boden. Er wächst auch auf leichten Böden und unter schlechten Standortverhältnissen. Bekannt für seine Winterfestigkeit, gute Standfestigkeit und Trockenheitstoleranz wird er heute im Öko-Landbau wieder entdeckt. Ihm ist es möglich, im Frühjahr die Feuchtigkeit des Bodens früh zu nutzen. Der Champagner Roggen wächst bis zu zwei Meter hoch. Bei Reet Dachdeckern findet das Langstroh heute wieder Anwendung. Das Getreide wird von kleinen Bäckereien zu Brot weiterverarbeitet |
Einfacher Anbau
Ich habe den Champagnerroggen dieses Jahr nach Weizen angebaut. Unser Boden ist mittelschwer mit 50-70 Bodenpunkten.
Als Vorbereitung habe ich etwas Festmist auf den Acker gebracht und gepflügt. Anschliessend wird das Saatbeet fertig gemacht und dann nicht gesät (falsches Saatbeet). Nach neun Tagen, am 10. Oktober, als das Unkraut frisch gekeimt hat, bin ich noch mal mit der Saatbeet-Kombination (Garezinken und Rollen) drüber und habe dann direkt eingesät.
Ich säe in Doppelreihen mit besonders grossen Zwischenreihen-Abständen. Dann sind die Pflanzen gut durchlüftet und können leicht gehackt werden.
Die sorgfältige Vorbereitung und Saat sind wichtig, danach macht der Champagnerroggen kaum noch Arbeit. Er ist nicht krankheitsanfällig und kann sowohl Hitze als auch Kälte gut vertragen. Zusätzlichen Dünger brauchen die Pflanzen nicht. Kunstdünger ist sogar kontraproduktiv, die Halme legen sich dann womöglich flach. Schädlinge gibt es keine. Falls es viel Unkraut gibt, muss in der Bestockungsphase einmal gestriegelt werden. Hacken geht auch, wenn es der Boden braucht. Ende Juli / Anfang August ist dann Ernte mit dem Mähdrescher. Der hat eventuell Probleme mit der Halmlänge von etwa 2 Metern. Das Dreschen sollte mit 18 % Feuchtigkeit erfolgen, dann muss der Roggen noch auf 16 % runtergetrocknet werden; das mache ich hier auf dem Hof. Wenn der Champagnerroggen zu lange auf dem Feld bleibt, leidet die Backfähigkeit. Das ist also zu vermeiden und es braucht die zusätzliche Trocknung. Dann folgen Vorreinigen und Einlagern.
Ich ernte 3-4 Tonnen pro Hektar.
Vermarktung
Champagnerroggen bringt weniger als die Hälfte des Ertrages von Hybridroggen. Doch dafür kann er auch vier mal teurer vermarktet werden. Während der Preis für konventionellen Roggen bei 160 € / Tonne liegt, erziele ich für eine Tonne Champagnerroggen 700 – 800 €. Das Brot, dass daraus gebacken wird, ist mit 4,90 € dann in der Dorfbäckerei aber nur 20 – 30 % teurer als das herkömmliche Roggenbrot
Das Reinigen und Vermahlen machen Gut Körtlinghausen (16 km) und die Bio-Getreidemühle Eiling (6 km) im Lohn für uns. Der Bäcker Merschulte im Dorf backt daraus Brote und verkauft sie direkt im Laden. Sauerteig, Wasser, Mehl und Salz – mehr ist nicht drin in diesem leckeren Brot. Ein Teil der Brote geht zusätzlich an den regionalen Edeka und einen weiteren Teil verkaufen wir selber im Hofladen und auf dem Markt.
Neben dem Korn ist auch das Stroh sehr gut zu gebrauchen. Aufgrund der Langstieligkeit hat Champagnerroggen eine Strohmenge im Verhältnis 1:1,5. Es eignet sich sehr gut als Einstreu, aber auch ähnlich wie Schilf als Baustoff, da es ein sehr festes Stroh ist. Wir sind mit einem Bauunternehmer im Gespräch, der es im Lehmbau einsetzen und als Baustoff zertifizieren lassen möchte. Etwas kürzere Halme würden das Ernten mit den herkömmlichen Mähdreschern vereinfachen. Daran versuche ich mich beim Züchten zukünftig.
Den Anbau einfach mal ausprobieren, nach meiner Erfahrung ist Champagnerroggen anspruchslos, braucht wenig Pflege und keinen extra Dünger. Und lässt sich als besonderes Brotgetreide sehr gut vermarkten.
Gyso von Bonin, NRW, 2021
Hofladen
Saatgutvermehrung
Dein Kommentar
Erfahrungswissen zu diesem Thema?Verfasse ein Kommentar!