Gründen in der Landwirtschaft

Kurzvorstellung von Rechtsformen in Deutschland

Viele landwirtschaftliche Betriebe wurden in den letzten Jahrzehnten aufgegeben. Doch es gibt, wenn auch zu wenige, Junglandwirte und Junglandwirtinnen die sich auf den Weg machen um neue landwirtschaftliche Existenzen aufzubauen. Neben den ersten großen Hürden, z.B. dem Zugang zu Land und einer eigenen Hofstelle, stellt sich dabei auch die Frage nach der richtigen Rechtsform für das entsprechende Geschäftsmodell.

Geschäftsmodell

Bei der Wahl des Geschäftsmodells gibt es drei wesentliche Dimensionen, die berücksichtigt werden sollten. Sie fächern sich unter der allgemeinen Frage „Wie funktioniert bzw. soll mein Unternehmen funktionieren“ auf:

Prozess-Dimension – Wie sind die Prozesse organisiert?
Werte-Dimension – Welche Werte werden vermittelt?
Ertrags-Dimension – Wie wird Geld verdient?

Fragen zur Vorbereitung

Beispiele: Abokisten mit Lieferdienst, Direktvermarktung (Hofladen), Dienstleistung, Urerzeugung für Verarbeiter oder Großhandel, landtouristische Angebote, Bildungsarbeit, SoLaWi etc.

Rechtsformen

Die gewählte Rechtsform schafft den Rahmen für die unternehmerische Tätigkeit und hat später Auswirkungen auf steuerliche, haftungsrechtliche und zivilrechtliche Handlungsfelder. Daher gibt es nicht die eine, passende Rechtsform für ExistenzgründerInnen in der Landwirtschaft.
Die unterschiedlichen Rechtsformen haben alle ihre Vor- und Nachteile. Es ist im Vorfeld besonders wichtig, sich darüber bewusst zu werden, was das Geschäftsmodell ausmacht, um dann zu sehen welche Rechtsform die meisten Vorteile bietet.

So bietet ein Einzelunternehmen genauso wie eine GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) die einfachste, kostengünstigste und von geringsten Formerfordernissen geprägte Rechtsform. Beide sind meistens für eine „schnelle“ und vergleichsweise „einfache“ Existenzgründung geeignet.

KG (Kommanditgesellschaft) und GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) bieten sich besonders an, wenn schon vor der Gründung klar ist, dass die Existenz mit der Beteiligung eines oder mehrerer größerer Geldgeber gegründet wird. Dabei ist dringend zu berücksichtigen, dass eine sorgfältige Ausarbeitung eines detaillierten Gesellschaftsvertrages unabdingbar ist.

Wenn an der Gründung mehrere Personen beteiligt sind, die eher kleinere Geldbeträge mit in den Betrieb bringen, oder das Umfeld miteingebunden wird, kann über die Gründung einer Genossenschaft nachgedacht werden. Zu beachten ist, dass die Genossenschaftsgründung einen hohen formellen Aufwand mit sich bringt.

Im Folgenden werden vier Rechtsformen kurz dargestellt:

Einzelunternehmen (EU)

Einzelunternehmen sind durch Selbstständigkeit und Gewinnerzielungsabsicht charakterisiert. Dabei ist die Haftung nicht begrenzt, d.h. auch Privatvermögen wird im Haftungsfall herangezogen. Für die Gründung eines Einzelunternehmens sind die steuerliche Anmeldung sowie die Anmeldung beim Landwirtschaftsamt notwendig. Der vom Unternehmen erzielte Gewinn wird vom Unternehmer versteuert. Es wird keine Gewerbesteuer erhoben, sofern die erzielten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft stammen.
Beispiel für ein Einzelunternehmen: Das Good Food Syndicate
Internetseite des Hofes: http://www.goodfoodsyndicate.org/

Personengesellschaften

Diese Rechtsformen dienen dem Erreichen eines gemeinsamen Zwecks und können z.B. als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder als Kommanditgesellschaft (KG) gegründet werden. Bei Gründung ist ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag zu erstellen.
Die Haftung und Einkommensbesteuerung findet mittels Durchgriffs- bzw. Transparenzprinzip statt.
Bei Personengesellschaften haftet somit im Schadensfall der Gesellschafter mit seinem Privatvermögen. Bei der KG ist die Haftung der Kommanditisten auf die Einlage beschränkt. Bei der Einkommensbesteuerung gelten die Personengesellschaften nicht selbst als Steuersubjekt, sondern die Gewinne der Gesellschaft werden unmittelbar den Gesellschaftern zugerechnet.

Beispiel für eine Kommanditgesellschaft, der Wahlbacherhof, ein Bericht dazu auf terrABC.org: https://terrabc.org/haus-und-hof/hofleben/hofuebergabe/erfolgreiche-hofuebergabe-ausserfamiliaer-altbauer-und-jungbaeuerin-berichten/
Internetseite des Hofes: https://www.wahlbacherhof.org/

Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)

Charakterisiert eine auf Dauer angelegte, wirtschaftliche Tätigkeit und bietet eine Einschränkung der persönlichen Haftung der Gesellschafter. Bei der Gründung einer GmbH gibt es viele Formerfordernisse, so zum Beispiel eine notarielle Beurkundung. Die GmbH muss stets einen Jahresabschluss inkl. Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung samt Anhang erstellen und gilt als eigenes Steuerrechtssubjekt für die folgende Besteuerungssätze gelten:
Zahlung Körperschaftssteuer (15%)
Gewerbesteuer (rd. 15%)
Kapitalertragsteuer bei Gewinnausschüttungen

Beispiel für eine GmbH in der Schweiz: Fondlihof, der zukünftig alle Produkte als Hof-Solawi an die Genossenschaft ortoloco geben wird,
Bericht zum Hof auf terrABC.org: https://terrabc.org/haus-und-hof/hofleben/hofuebergabe/auf-das-35-folgt-das-1-jahr-biohof-fondli/
Internetseite des Hofes: http://www.fondlihof.ch/index.html

Genossenschaften

Ist eine Gesellschaft oder juristische Person mit nicht geschlossener Mitgliederzahl (min. 3 Mitgliedern). Für diese Rechtsform gibt es ebenso umfangreiche Formerfordernisse, wie zum Beispiel die Eintragung ins Genossenschaftsregister. Die Genossenschaft haftet mit dem Genossenschaftsvermögen und ist ein eigenes Steuerrechtssubjekt, welches ebenfalls wie eine GmbH besteuert wird. Die Genossenschaft muss als Nachweis ihrer Tätigkeit einen Jahresabschluss inkl. Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Anhang erstellen.

Beispiel für eine Genossenschaft, die Solawi Plantage. Internetseite der Solawi: http:// https://www.plantage.farm/solawi

Peter Schmidt, FÖL und Friedrich Lütke Schwienhorst, WeTreu, 2021

Dieser Text ist im Nachgang zur Veranstaltung „Existenzgründung in der Landwirtschaft – welche Rechtsform passt zu meinem Geschäftsmodell?“ aus einer Kooperation zwischen der Wetreu Steuerberatungsgesellschaft, der AbL Nordost, dem Bündnis Junge Landwirtschaft und der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL) entstanden.

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