Bioackerbau mit reduzierter Bodenbearbeitung

Der Moderator einer Arbeitsgruppe Luzerner Bauern im Gespräch

Franz Elmiger von Chlotisberg in Gelfingen führt mit seiner Frau Liz in Gelfingen einen Biobetrieb mit Tierhaltung und Ackerbau mit vielseitigen Fruchtfolgen. Als Moderator leitet er einen Arbeitskreis Bioackerbau im Kanton Luzern.

Josef Bircher für K+P: Die Landwirtschaft im Kanton Luzern ist sehr tierbetont und intensiv. Warum habt ihr einen anderen Weg gewählt?
Franz Elmiger: Als wir vor rund 15 Jahren den Hof Chlotisberg auf 650 Metern Höhe von fünf Hofgemeinden übernehmen konnten, sind wir ziemlich opportunistisch vorgegangen. Einerseits kannten wir den Biolandbau bereits gut von meinem Bruder und von einem Schwager. Andererseits waren die Ökonomiegebäude auf dem Chlotisberg mit Milchviehhaltung, Anbindestall und melken mit Standeimer sowie einer kleinen Schweinemast nicht mehr zeitgemäss. Das Land ist arrondiert, Südwest-Lage, unterschiedlich stark geneigt und gut die Hälfte der Böden sind ackerfähig. So schauten wir, was da mit angemessenem Aufwand zu realisieren ist, damit wir eine Zukunftsperspektive hatten.

Wie sieht euer Betriebskonzept aus?
Wir wollen uns nicht verzettlen und trotzdem auf mehreren Standbeinen stehen und die Bewirtschaftung rationell betreiben. Diese Standbeine bringen eine Risikoverteilung, machen das Bauern interessant und bringen auch eine biologische Vielfalt. Wir stehen ein für eine ökologisch produzierende Landwirtschaft.

Welche Betriebszweige?
Im bestehenden Ökonomiegebäude sind jetzt 30-35 Rinder für Vertragsaufzucht und auf der anderen Seite der Futtertenne konnten wir einen Legehennenaufzuchtstall mit 2000 Tieren einrichten. Auf zirka 14 ha betrieben wir Ackerbau mit Weizen, Dinkel, Rüebli, Kartoffeln, Linsen, Körnermais und auf kleinen Flächen etwas Gemüsesaatgutvermehrung.

Wie seid ihr auf diese regional eher ungewöhnlichen Ackerkulturen gekommen?
Da ist mit der Zeit einfach immer etwas dazugekommen. Am Anfang hatten wir nur die ‹einfachen Mähdrusch-Kulturen›. Dann haben wir eine Anfrage bekommen, Zucchetti-Saatgut zu vermehren, da darf wegen dem Isolationsabstand im Umkreis von 800m keine andere Zucchetti sein. Wir fanden das interessant, und schon hast du eine neue Kultur. Später, als mein Bruder eigene Maschinen für Rüebli und Kartoffeln anschaffte, haben wir die mitgenutzt und ebenfalls auf geeigneten Flächen diese Kulturen angepflanzt. Die Linsen sind vor drei Jahren dazugekommen. Eigentlich zuerst für die Sprossenproduktion gedacht, pflanzen wir sie jetzt für die Biofarm an.

Auf was müsst ihr für die Vermarktung besonders achten?
Man muss auf dem Betrieb manche Schritte wie Trocknung und Lagerung selbst machen können. Zudem muss man in der Fruchtfolge flexibler sein. Ich behalte meine Fruchtfolge weitgehend bei, tausche aber jeweils die eine oder andere Kultur aus, aber auf jeden Fall kommt immer nach sechs Jahren wieder zwei Jahre Kunstwiese, dazwischen jeweils Zwischenfutter und Gründüngungen.

Welche Ziele verfolgst du langfristig?
Wir sind sehr zufrieden, wie es bisher gelaufen ist. Die Strategie, die wir vor 15 Jahren gewählt haben, ist immer noch richtig. Das Gerüst aus Acker, Rindviehhaltung und Junghennenaufzucht wird bleiben. Aber wir sind natürlich immer offen für Verbesserungen oder neue spannende Kulturen, allerdings sind wir nun an einem Punkt angelangt, wo wir sagen: Wenn etwas Zusätzliches kommt, muss etwas anderes weggelassen werden. Wir wollen ausser ökologisch auch nachhaltig produzieren. Es war etwa vor 3-4 Jahren, als mir zum ersten Mal wirklich bewusst geworden ist, dass auch der biologische Landbau mit seiner Bewirtschaftung meist Humusabbau betreibt. Ich begann mich weiter zu informieren, las Bücher und nahm an Kursen und Veranstaltungen teil. Unsere Ziele sind gute Erträge und gesunde Produkte bei gleichzeitig stabilem oder steigendem Humusgehalt.

Welche Strategie hast du in der Bodenbearbeitung?
Die Bodenbearbeitung ist nur ein Puzzleteil im ganzen System zur aufbauenden Landwirtschaft. Aber ein wichtiger, da es anscheinend mit häufigem Pflugeinsatz nicht möglich ist, Humus aufzubauen. Deshalb habe ich mir vor 2 Jahren einen Geohobel angeschafft, das ist ein ganz flach in den Boden eingreifendes unterschneidendes Gerät. Der Pflug wird nur noch bei den Rüebli eingesetzt. Bei den Kartoffeln sind wir noch am üben.

Was sind deine Erfahrungen im Einsatz des Geohobels?
Es ist eines der Geräte, die es einfacher machen, pfluglosen Bioackerbau zu betreiben. Er kann recht vielseitig eingesetzt werden, was Arbeitstiefe, Fahrgeschwindigkeit und Rotationsgeschwindigkeit der Messer anbelangt. Er hat eine sehr präzise Tiefenführung und kann mit einer Nachlaufwalze die Oberfläche leicht andrücken, zur besseren Verrottung des gehobelten Materials. Meist sind zwei Durchgänge im Abstand von 10-14 Tagen nötig. Beim zweiten Mal kann gleichzeitig die neue Kultur gesät werden. Möglicherweise schauen wir in 10-20 Jahren mit Verwunderung auf die heute eingesetzte Technik zurück, aber irgendwie sollten wir nicht erst dann beginnen.

Wie gehst du mit möglichen Misserfolgen um?
Neben guten Erfolgen ist es auch klar, dass es bei so einem Systemwechsel auch Misserfolge gibt (z.B. durchwachsendes Rispengras im Weizen, das Hacken erschwerende Mulchrückstände im Mais). Vor allem auch, da weder das FiBL, noch die landwirtschaftlichen Schulen im pestizidfreien pfluglosen Anbau Erfahrung haben. Da ist es wichtig, dass man gleichgesinnte Berufskollegen kennt, die auch auf dem Weg sind. Und da kommen wir nun zu den Arbeitskreisen, wo aktuelle Erfahrungen weitergegeben werden und Probleme offen besprochen werden können.

Bist du mit den Erträgen und der Qualität der Kulturen zufrieden?
Grundsätzlich ist es ein gutes Gefühl, wenn dadurch die Bodenfruchtbarkeit, besonders der Humusgehalt und die Bodenaktivität,gesteigert werden kann. Ein Problem ist, dass Humusaufbau auch Nährstoffe benötigt. Humus besteht nicht nur aus eingebundenem CO2. So erklären wir es uns, dass in den ersten Jahren die Erträge eher etwas tiefer sind. Bei uns waren sie teils tiefer, aber auch teils höher als früher beim Pflügen.

Am 10. März 2019 gründete Bio Luzern zwei Arbeitskreise zum Bio-Ackerbau. Du hast dich als Moderator eines Arbeitskreises zur Verfügung gestellt. Wie ist das Jahr in eurem Arbeitskreis abgelaufen?
Wir sind mit 12 Mitgliedern gestartet und sind jetzt 14. Alle sind natürlich am Thema sehr interessiert, was jeweils sofort vertiefte Diskussionen ergibt. Wir haben uns viermal getroffen, um auf den Feldern die Entwicklung der Kulturen und die Massnahmen zu besprechen. Im September konnten wir auf die Ernte zurückschauen und sogleich die Untersaaten und neuen Gründüngungen begutachten. Im 2019 waren alle Treffen auf unserem Betrieb Chlotisberg, um die Kulturen durchs Jahr zu begleiten. Dieses Jahr werden wir jedes Mal woanders sein.

Was gefiel dir im Arbeitskreis besonders gut?
Wir haben ein gemeinsames Anliegen und tauschen uns über unsere Erfahrungen aus. Ich denke, ich konnte Anstösse geben, pfluglosen Anbau neu auszuprobieren.

Was stellst du dir für die kommenden Jahre im Arbeitskreis vor?
Ein Arbeitskreis funktioniert gut, wenn der Einfluss des Moderators abnimmt und die Mitglieder die Themen bringen, die wir gemeinsam bearbeiten wollen. Wichtig ist, dass alle Beteiligten ihre eigenen Erfahrungen auf ihren Betrieben machen und darüber reden. Ich bin gefordert, die Gruppe zu organisieren und zu moderieren.
Es kann schwierig sein, wenn bei manchen Fragen keiner eine Antwort weiss. Falls ein geeigneter Referent gefunden werden kann, ist Bio Luzern bereit, eine Veranstaltung für alle Mitglieder durchzuführen.

Wie ist dein Fazit nach einem Jahr?
Es hat sich gelohnt. Du lernst Berufskollegen kennen, die für dieselben Fragestellungen nach Lösungen suchen. Fachlich haben wir noch manches Problem nicht wirklich gelöst. Aber wir sind daran. Es tönt etwas kitschig zum Schluss, aber ich finde es ist einfacher, einen Weg gemeinsam zu gehen als alleine.

Josef Bircher, 2020

Dieser Text erschien bereits in Kultur und Politik 1/2020, zur Website: https://www.bioforumschweiz.ch/kultur-und-politik/

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Chlotisberg
Gelfingen (CH)
Franz & Liz Elmiger
17 ha
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10 ha
Bio Knospe
Ackerbau, Vertragsaufzucht Rinder, Legehennenaufzucht Mastrasse
28 Kälber, 2000 Kücken
642 m ü. M.
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