Waldstaudenroggen – der Tausendsassa
Tüftler entdeckt Waldstaudenroggen
Dass der Waldstaudenroggen für den Anbau in der Schweiz wieder entdeckt wurde, war purer Zufall namens Löwenzahn. Der Tüftler und Landwirt Dani Böhler entwickelte gemeinsam mit einem Kollegen einen Frontgrubber, den ‘Löwenzahn’. Der neue Grubber hat zum Ziel, den Boden auch in tieferen Schichten zu lockern, damit die Pflanzenwurzeln den Boden besser erschliessen können.
Für die Festigung des gelockerten Bodens suchte Daniel Böhler eine schnellwurzelnde Pflanze. Bei der Recherche stiess er auf einen wahren Tausendsassa: den Waldstaudenroggen.
Roggensorte mit wenig Ansprüchen – geeignet für Berggebiet
Als alte Kulturpflanze hat der Waldstaudenroggen verschiedene Vorteile:
- kommt mit wenig Nährstoffen aus
- anspruchslos
- krankheitsresistent
- gute Wiederaustriebskraft nach langer Schneedecke
- geeignet für Flächen mit relativ geringem natürlichem Bodenfruchtbarkeitspotential
- extrem winterhart
- intensives und feines Wurzelwerk
Dank all diesen Eigenschaften ist der Roggen auch für weniger gute Getreidelagen geeignet, wie z.B. die voralpine Hügel- oder Bergzone.
Mehrfachnutzen dank Mehrjährigkeit
Einmal ausgesät, wird der Waldstaudenroggen mehrfach genutzt. Im ersten Jahr kann man ihn als Raufutter einsilieren, oder nur als Gründünger schneiden, je nachdem was der Boden braucht. Aber auch mit Beweidung kommt er gut zurecht. Im zweiten Jahr wird das Korn geerntet und das Stroh geschnitten.
Aufwand und Ertrag stimmen auf jeden Fall: einmal säen, nicht resp. kaum düngen, kein Pflanzenschutz und – je nach Nutzungsform – mehrmals ernten.
Waldstaudenroggen – der Bodenverbesserer
Der Waldstaudenroggen ist ein Tiefwurzler und beeindruckt mit seiner Fähigkeit den Boden schnell und intensiv zu durchwurzeln. Damit wird der Boden stabilisiert, wasseraufnahmefähig und tragfähig. Die grosse Wurzelmasse kann zudem einen wichtigen Beitrag zur Humusbildung leisten. Die Kultur hinterlässt schliesslich ein lockeres Saatbeet, das sich gut für den Gemüseanbau eignet.
Waldstaudenroggen – der Unkrautunterdrücker
Wird Walstaudenroggen in einer Kultur (z.B. Speiseackerbohnen) als Untersaat verwendet, zeigt sich eine ausgezeichnete Beikrautunterdrückung. Die Ansaat des Waldstaudenroggen erfolgt in diesem Fall zeitgleich mit den Ackerbohnen im Frühjahr.
Waldstaudenroggen – das Raufutter (Grünfutter, Heu, Silage)
Die Rohfasergehalte von Waldstaudenroggen im Futter sind im Vergleich zu Mais oder Gras deutlich höher. Die Rohproteingehalte liegen beim Frühschnitt im Bereich von Gras und beim Spätschnitt im Bereich von Mais. Interessant ist die Verwendung als Heu, da gibt es praktisch keine Bröckelverluste. Wichtig ist, dass mit dem Schnitt nicht zu lange gewartet wird, sonst könnte es sein, dass der Bestand lagert. Aufgrund der Erfahrungen hat sich gezeigt, dass der Waldstaudenroggen den Schnitt mit einem Messerbalken oder einer Beweidung viel besser erträgt als mit einem Trommel- oder Scheibenmähwerk. Der Waldstaudenroggen kann im Futterbau nach dem ersten Schnitt eingesät werden. Bei herkömmlichen Futterbaumischungen kann zusätzlich Waldstaudenroggen als sogenannte Deckfrucht verwendet werden.
Waldstaudenroggen – die Einstreu
Die Kultur liefert im Juli eine grosse Menge Stroh, die sich unter anderem als Einstreu verwenden lässt.
Waldstaudenroggen – das (gesunde) Lebensmittel
Statt die Samen des Walstandenroggens wieder zu säen, hat Daniel Böhler aus dem Korn zum Beispiel ein ‘Risotto’ hergestellt. Hierzu lässt Dani die Körner polieren. Die Körner werden aber auch gemahlen und als Roggenmehl zu Pasta, Brot oder anderen Backwaren verarbeitet.
Der Ertrag ist mit ca. 18 – 24 dt/ha gedroschen nicht so hoch wie bei einem modernen Zuchtroggen. Dafür hat das Korn einen hohen Ballaststoffgehalt und ist reich an Kalium, Magnesium, Eisen und Zink, sowie an wichtigen B-Vitaminen. Mehl, Korn und Risotto sind bei Daniel Böhler im Online-Shop erhältlich.
Waldstaudenroggen – Johanniroggen – Sibirisches Urkorn – Sibirischer Roggen – Urroggen: Der Waldstaudenroggen hat viele Namen. Waldstaudenroggen wurde er genannt, weil er nach Brandrodungen als erste Kultur ausgesät wurde. Auch bei Niederwaldnutzungen wurde die Kultur eingesetzt, nachdem der Niederwald auf den Stock gesetzt wurde. Der Name Johanniroggen kommt vom traditionellen Aussaattermin, welcher am 24. Juni, am Johannistag ist. Sibirien bezeichnet seine Herkunft. |
Die Herausforderungen
Wie jede Kultur hat auch der Waldstaudenroggen ein paar Herausforderungen parat. Der Waldstaudenroggen kann bis 3 Meter hoch werden. Die Standfestigkeit stellt somit einen Schwachpunkt dar, weshalb der Roggen auch nicht gedüngt werden sollte. Zur Verbesserung der Standfestigkeit wird der Roggen im Frühling gewalzt.
Wer Saatgut beziehen möchte, oder sich allgemein über den Anbau von Waldstaudenroggen informieren möchte, meldet sich gerne direkt bei Dani Böhler.
Weitere Informationen sind hier zu finden:
https://www.strickhof.ch/publikationen/versuchsbericht-waldstaudenroggen-2019/
Hubert Würsch, 2024
Dein Kommentar
Erfahrungswissen zu diesem Thema?Verfasse ein Kommentar!