Wertvolle Hülsenfrüchte: Leguminosen Manifest

Die Art und Weise, wie wir proteinreiche Nahrungsmittel erzeugen, ist von zentraler Bedeutung für die Auswirkungen unserer Ernährung auf den Planeten.

Erderwärmung und der ungebremste Verbrauch natürlicher Ressourcen zwingen zu Entscheidungen, um unseren Planeten zu schonen. Diese Entscheidungen beginnen in der Küche. Die Produktion unserer Lebensmittel ist ein Treiber des Klimawandels. Mehr als 40 % der eisfreien Landfläche der Welt werden landwirtschaftlich genutzt.

Wie wir essen, bestimmt zu einem beträchtlichen Teil, wie die Welt genutzt wird.

Wendell Berry, Dichter und Landwirt

Leguminosen sind eine ganz besondere, vielfältige Gruppe eiweißreicher Pflanzen, die helfen können, uns besser zu ernähren – besser für unsere Gesundheit und besser für unseren Planeten. Man erkennt sie an ihren schmetterlingsähnlichen Blüten etwa bei Erbsen- und Bohnenpflanzen. Die bekanntesten Leguminosen sind jene mit essbaren Samen, auch als Hülsenfrüchte bekannt, wie z.B. Ackerbohne, Gartenbohne, Linse, Kichererbse und Erbse. Aber auch die Sojabohne und die Lupine können uns ernähren und werden als Tierfutter verwendet. Die Kleearten bereichern unser Grünland.

Faboideae (oder Papilionoideae, vom lateinischen Wort für Schmetterling: papilio) haben schmetterlingsähnliche Blüten. Deshalb sind die Pflanzen dieser faszinierenden Unterfamilie als „schmetterlingsblütenartige“ bekannt.

Leguminosen sind Düngerfabriken der Natur

Was macht die Schmetterlingsblütler so besonders? Die Antwort liegt zum großen Teil unter der Bodenoberfläche und in der Rolle, die Leguminosen im Stickstoffkreislauf spielen. Leguminosen beherbergen in Knöllchen an ihren Wurzeln spezielle Bakterien namens Rhizobien. Diese binden Stickstoff aus der Luft. Diese natürliche Stickstofffixierung ist klimafreundlich, weil kein energieaufwändiger Stickstoffdünger benötigt wird und weil der Ausstoß von stickstoffhaltigen Treibhausgasen aus dem Boden verringert wird.

Wie Leguminosen ohne Stickstoffdünger wachsen, ist die faszinierende Geschichte einer Partnerschaft zwischen der Pflanze und Bakterien, die in Wurzelknöllchen vorkommen. Landwirte/-innen, Gärtner/-innen kennen diese Knöllchen. Schlüssel zu diesem Prozess ist die Substanz Leghämoglobin, das dem Hämoglobin in unserem Blut ähnelt. Daher ist das Innere gesunder Wurzelknöllchen von Leguminosen beim Aufschneiden rot.

Wurzelknöllchen einer Sojabohne. Foto: © Monika Messmer, FiBL, www.legumehub.eu

Der Stickstoffkreislauf

Leguminosen können die Auswirkungen unserer Ernährung auf den Stickstoffkreislauf verringern. Unser derzeitiges Ernährungssystem belastet den Stickstoffkreislauf enorm, setzt Treibhausgase frei und verschmutzt die Atmosphäre und das Wasser. Bei unseren Bemühungen, die Schäden am globalen Stickstoffkreislauf zu verringern, spielen Leguminosen eine wichtige Rolle, als Alternative zu synthetischen Stickstoffdüngern, sowie zum Konsum von tierischem Eiweiß.

Der Stickstoffkreislauf. © Donal Murphy-Bokern, www.legumehub.eu

Leguminosen sind eiweissreich und gesund

Stickstoff ist ein Baustein von Proteinen. Hülsenfrüchte sind reich an Eiweiß, das durch Stickstofffixierung in den Wurzelknöllchen gebildet wird. Bohnen, Erbsen, Ackerbohnen, Linsen und Kichererbsen enthalten zwei- bis dreimal mehr Eiweiß als Getreide. Sojabohnen und Lupinen sind sogar noch eiweißreicher. Diese Proteine sind besonders nahrhaft. Unsere Vorfahren wussten das und verwendeten Hülsenfrüchte, um Getreide wie Weizen und Hafer in unserer Ernährung zu ergänzen. Sie haben uns ein reiches Erbe an traditionellen Hülsenfrucht-Gerichten hinterlassen. Besonders wichtig sind Hülsenfrüchte in der veganen und vegetarischen Ernährung. Bohnen und Erbsen können alle Speisepläne bereichern und sie sind eine hervorragende Alternative zu Fleisch. Neben einer Vielzahl von Vitaminen und Mikronährstoffen sind sie reich an komplexen Kohlenhydraten, die das Herz schützen und das Krebsrisiko senken. Der Verzehr von Hülsenfrüchten anstelle von Fleisch ist gesund für die meisten von uns und auch für unseren Planeten.

Leguminosen fördern Vielfalt

Hülsenfrüchte unterscheiden sich deutlich von Getreide wie Weizen, Gerste und Mais, die unsere Landschaften dominieren. Mehr Hülsenfrüchte in Europa bedeuten mehr Vielfalt in der Landwirtschaft. Ihre Blüten sind eine Quelle von Pollen und Nektar für Insekten. Ihre Artenvielfalt hilft auch Vögeln und anderen Wildtieren. Landwirte, die Leguminosen anbauen, haben weniger Probleme mit Unkraut, Krankheiten und Schädlingen während der gesamten Fruchtfolge.

Blühende Ackerbohne (Vicia faba). Foto: © Tim O’Donovan (Irland).

Wir brauchen mehr Leguminosen

Leguminosen sind gut für uns, gut für unsere Höfe und Gärten und gut für den Planeten. Sie schützen das Klima, weil sie eine natürliche Quelle von Stickstoffdünger sind. Sie erhöhen die Kulturpflanzenvielfalt und unterstützen eine nachhaltige, gesunde Ernährung. Trotzdem werden Leguminosen in europäischen Betrieben nur selten angebaut. Dabei wachsen Bohnen (einschließlich Sojabohnen), Erbsen und blaue, gelbe und weiße Lupinen in Europa genauso gut wie anderswo. Stattdessen konzentrieren sich die meisten europäischen Ackerbauern/-innen auf den Anbau von Getreide wie Weizen, Gerste und Mais, weil diese Kulturen in Europa besonders gut gedeihen. Die europäischen Landwirte/-innen produzieren auch große Mengen an Fleisch, Milch und Eiern von Nutztieren, die große Mengen an pflanzlichem Eiweiß und Weideflächen benötigen. Etwa 60 % des in der EU angebauten Getreides werden an Tiere verfüttert. Allerdings enthält dieses Getreide nicht genügend Eiweiß oder nicht die beste Eiweißqualität. Um dies auszugleichen, importieren wir 35 Millionen Tonnen Sojabohnen, hauptsächlich aus Südamerika, um das Vieh in der EU zu füttern. Unsere Ernährung steht in direktem Zusammenhang mit der Abholzung der dortigen Wälder. Solch ein Lebensmittelsystem ist nicht im Gleichgewicht und nicht nachhaltig. Es muss sich etwas ändern.

Wir müssen in europäischen Betrieben mehr Leguminosen anbauen und den Anteil der Hülsenfrüchte in unserer Ernährung erhöhen. Der Gesamteffekt einer solchen Umstellung wird die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft verringern, zu einer geringeren Abhängigkeit von importierter Soja führen sowie unsere eigene Gesundheit und die der Ackerböden verbessern. Ein solcher Wandel hängt von uns allen ab. Als Bürger/-innen müssen wir Landwirtinnen, die Leguminosen anbauen, wirksam belohnen. In unseren Küchen müssen wir die wunderbaren Hülsenfrucht-Gerichte wiederentdecken und fördern.

Bildnachweis:
• Wurzeln des Sumpf-Hornklees (Lotus pedunculatus) mit Knöllchenbakterien (Rhizobien): Frank Vincentz (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/29/Lotus_pedunculatus11_ies.jpg)
• Erbse: Thomas B. auf Pixabay: https://pixabay.com/de/photos/erbse-erbsenbl%c3%bcte-wei%c3%9f-bl%c3%bcte-5215861/
• Bodenmüdigkeitstest: Pierre Hohmann

https://www.globalbean.eu/

Das Global Bean Project ist ein europäisches Netzwerk zur Förderung und Ausweitung der Verwendung und des Anbaus von Hülsenfrüchten in unseren Küchen, Gärten und Feldern. Weitere Informationen, Autoren und Referenzen finden Sie online: www.globalbean.eu/publications/legume-manifesto/

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