Offener Laufstall auf der Alp

Die beiden alten Anbindeställe auf der Alp Arni Wang von Ueli und Nadia Odermatt-Murer erfüllten die Tierschutzvorschriften nicht mehr. Es musste deshalb zwingend etwas verändert werden. Doch nachdem die junge Familie erst vor einigen Monaten den Heimbetrieb von Uelis Vater übernommen, und dort gleich noch ein neues Wohnhaus gebaut hatte, war das verbleibende Budget für den Alpstall mehr als bescheiden. Jeder Experte hätte für einen Alpstall für 70 Milchkühe inklusive Melkstand mindestens die dreifachen Kosten veranschlagt als die Odermatts an Geld zur Verfügung hatten. Doch die Familie Odermatt war um kreative Ideen nicht verlegen.

Ein grosser Kostentreiber für Ställe im Berggebiet ist die Schneelast, welche durch massive Dachkonstruktionen getragen werden muss. Die Überlegung der Familie Odermatt: Wir bauen einen Stall für den Sommer! Das heisst, wenn möglichst wenig Dachfläche gebaut wird (mit wenig Spannweite), muss auch wenig Schneelast getragen werden und die Dachkonstruktion wird somit kostengünstig. Und Wände braucht ein Sommer-Stall auch nicht zwingend.

Die weiteren Ziele, die erreicht werden sollten: Der Stall sollte so eingerichtet sein, dass im Notfall eine Person die Stallarbeit alleine erledigen kann. Ein Anbindestall kam nicht in Frage, da man die Tiere nach dem Melken noch einmal auf die Abendweide bringen wollte. In einem Anbindestall hätten also die Kühe am Abend zweimal angebunden und wieder losgebunden werden müssen. Das wäre sehr unpraktisch. Der Melkraum sollte lawinensicher gebaut werden.

Von den Liegeplätzen aus geniessen die Kühe eine berauschende Aussicht. Licht und Luft ist bei diesem Stall definitiv kein Problem. (Die Plätze im Vordergrund werden gerade nicht benötigt und sind deshalb mit einem Rohr abgesperrt.)

Ein Futterlager musste nicht geplant werden, denn das anfallende Stroh und Heu kann gepresst und in den bestehenden alten Stallgebäuden gelagert werden.

Der Stall sollte mit dem Mistroboter entmistet werden können und befahrbar sein. Aisserdem sollte es für die Tiere keine Sackgassen geben.

Stallbau

Der Stall bietet 70 Liegeplätze mit einer Strohmatratze. Die Liegeflächen sind mit kurzem Stroh gepolstert und zusätzlich ist etwas Biolit eingemischt. Es hat genügend Platz für den Kopfschwung zum Aufstehen. Bei den Liegeplätzen im Norden kann auf der Kopfseite als Wind- und Wetterschutz bei Bedarf ein Vorhang (Curtain) heruntergezogen werden.

Der Warteraum liegt zwischen Melkstand (nicht im Bild) und Fressstand, an dessen Front der Mistroboter seine Ladestation hat. Darunter befindet sich auch die Jauchegrube mit einem Volumen von 200 m3.

Der Warteraum ist in den Stall integriert. Von dort kommen die Kühe direkt in den Swing-Over Fischgrät-Melkstand mit 2 x 6 Plätzen. Der Melkstand konnte gebraucht zugekauft werden. Damit beim Umzug des Melkstandes möglichst wenig Aufwand entstand, wurde auf der Alp 1:1 der Melkraum vom vorherigen Stall nachgebaut. Der Melkstand wurde dann am alten Ort nur teilweise zerlegt und so viel wie möglich ‘am Stück’ transportiert, so dass der Aufbau am neuen Ort sehr rasch und kostengünstig erfolgen konnte. Mit diesem Melkstand dauert das Melken von 50 Kühen rund 1 ¼ Stunden.

Um Kosten zu sparen wurde der Original-Melkstand für die gebrauchten 2 x 6 Swing-Over Fischgrät-Einrichtung 1:1 nachgebaut.

Gerade auf der Alp, wo die Tiere meist auf der Weide sind, ist es wichtig, sie beim Fressen im Stall beobachten zu können. Am Morgen gehen die Kühe nach dem Melken in den Fresstand und bekommen ca. 1 kg Heu/Silage pro Tier bis alle Kühe gemolken sind. Kühe, die nicht fressen, würden auffallen. Danach geht’s auf die Weide. Die Silage wird übrigens auf der Alp produziert. Im Hofportrait kann nachgelesen werden, warum das so gemacht wird.

Der Fressstand mit dem Selbstfanggitter wurde zentral platziert, kann von zwei Seiten genutzt werden und ist befahrbar.

Der Entmistungsroboter schiebt den anfallenden Mist in eine Mulde, welche regelmässig auf den Misthaufen geleert werden muss. Auch wegen dem Roboter wird das Stroh für die Liegeflächen recht kurz geschnitten. Der Roboter fährt von morgens um 2:30 bis ca. 9 Uhr. Danach sind die Kühe auf der Weide. Wenn gutes Wetter ist trocknet die Lauffläche im Verlauf des Tages ab, wenn es regnet ist die Fläche sowieso nass. Die installierte Solarzelle bringt leider nicht genügend Strom, um den Akku für den Roboter aufladen zu können. Dazu muss zusätzlich Strom vom Generator geliefert werden.

Kostensparend: der mobile Milchtank kann auf dem Heim- und auf dem Alpbetrieb genutzt werden.

Nach der Weide kommen die Kühe am Abend wieder rein in den Warteraum und von dort zum Melken. Vom Melkraum können die Tiere direkt noch für 2 – 3 Stunden auf die Abendweide.

Die grossen Tränkebecken / Tröge im Stall wurden mit Restbeton vor Ort gegossen.

Die grossen Tränkebecken sind ideal zum Trinken für die Kühe und wurden direkt vor Ort mit dem Restbeton gegossen.

Die Abläufe und die Logistik für die Bauphase mussten gut überlegt werden, denn auf der Baustelle standen weder Elektrizität noch Kran zur Verfügung. Dafür konnte die Familie Odermatt auf viele fleissige und kompetente Helfer aus dem Familien- und Freundeskreis zählen. Ohne die Unterstützung dieser Leute wäre ein solches Projekt kaum realisierbar gewesen.

Fazit

Bis jetzt sind die Erfahrungen mit dem neuen Alpstall sehr positiv. Ein durchgehendes Dach beim Stall wäre insbesondere bei sehr nassem Wetter etwas komfortabler, wäre aber zu teuer geworden. Zum Melken würde Ueli jetzt eher einen Tandem-Melkstand bevorzugen, da dieser zum Melken etwas weniger hektisch wäre. Bei der Auswahl des Melkstandes hatte er aber primär auf eine gute Schlagkraft geachtet, mit dem Nachteil, dass das jetzige Modell etwas mehr Stress für den Melker bedeutet.

Ueli Odermatt träumt auch noch von einer eigenen Alpkäserei. Dazu müssen jedoch zwei zentrale Punkte verbessert werden: Elektrizität und Wasser. Aber das ist eine andere Geschichte.

Hubert Würsch, 2022

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Alp Arni Wang
Wolfenschiessen (CH)
Ueli & Nadja Odermatt-Murer
1 Angestellter
68 ha
Bio-Knospe
Alpmilch
62 Kühe, 20 Jungvieh (Rinder und Kälber), 20 Burenziegen.
1400 m ü. M.
Die Böden sind v.a. im unteren Alpteil sehr tiefgründig (bis 50 cm Humus). Eher schwere Böden, lehmig.
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