Von Biomasse zu Erde: Vielfalt der Kompostierung

Kompost — der ewige Kreislauf

Kompost ist organisches Material, welches dank einer ungeheuren Menge und Vielfalt an Kleinstlebewesen wieder in die ursprünglichen Elemente umgewandelt wird, aus welchen das kompostierte Material geschaffen wurde. Er ist die natürliche Nahrung der fruchtbaren Böden, kurz: Der ewige Kreislauf der lebendigen Substanz. Wie ein überdimensionierter Darmtrakt verdaut die Erde alles — über kurz oder lang auch uns — früher oder später. In diesem Sinne hatte Chief Seattle wohl recht, wenn er sagte „Die Erde gehört nicht uns, wir gehören der Erde.” Werden und vergehen. Wird das Kompostieren als vielleicht wichtigstes Element der Lebensmittel-Produktion verstanden, ist die dezentrale Versorgung mit Nahrung beinahe überall möglich. Das Volk der Hunza lebt am Fusse des Himalajamassivs und hat mit Terrassenwirtschaft und Kompostierung eine Lebensgrundlage auf barem Gestein geschaffen. Umgekehrt ist der „Garten Eden, in dem Milch und Honig fliesst“ verwüstet, da die ehemals fruchtbare Erde ausgelaugt und nicht genährt wurde.

Wir können die Bedeutung fruchtbarer Erde erahnen, wenn wir uns vor Augen halten, dass in einer Handvoll gesunder Erde mehr Organismen leben, als wir Menschen auf der Welt sind.

Grundlagen der Kompostierung

Grundsätzlich kann alles kompostieren, was die Natur wachsen lässt. Idealerweise schichtet man beim Bau eines Komposthaufens wechselnd trockene und feuchte Zutaten aufeinander. Auch reine Laubkomposte sind möglich, wenn nach jeder Schicht Laub eine Schicht Erde darauf kommt. Gut feucht halten! Es empfiehlt sich auch sehr, einen Holunderstrauch neben den Kompost zu pflanzen, wie dies seit jeher weit herum gemacht wird. Dieser wird sich ganz von selbst über den Kompost beugen, durch die vielen Nährstoffe schnell entwickeln und bei der Umsetzung der organischen Stoffe helfen. Zum Dank erntet man früh im Jahr duftende Blüten für Sekt und Sirup, etwas später dann Beeren welche uns den Winter durch gesund erhalten.

Auf solche oder ähnliche Weise schafft man sich fruchtbare Erde, wo immer man wohnt und lebt. Selbstverständlich können wir heute mit modernster Technik auch ohne Kompost Essen herstellen, beispielsweise mit „hors sol“. Diese Errungenschaft hilft mit, die Bevölkerungsexplosion zu bremsen. Denn wie soll Essen Fruchtbarkeit vermitteln können, wenn dieses aus toten Inhaltsstoffen besteht?

Holunderblüten lassen sich für Sirup verwenden (Bildquelle: www.Oekolandbau.de/ Copyright BLE/ Dominic Menzler)

Mistkompost — Der Klassische

Kompost hat viele Gesichter: das Bekannteste ist der klassische Miststock vor den Ställen. Hier werden Ausscheidungen der Nutztiere mitsamt der Einstreu kompostiert. Deshalb unbedingt Einstreu gesunder Herkunft verwenden, denn zugekauftes Stroh ist häufig mit Halmverkürzern, Hormonen, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln belastet und verunmöglicht eine gesunde Umsetzung. Wird der Wasserhaushalt jedoch nicht geregelt, entstehen Auswaschungen oder der Kompost trocknet aus – beides kompromittiert die Güte. Auswaschungen sind überdies für das Grundwasser ein echtes Problem.

Um eine optimale Bedeckung zu erreichen, decke man den (Mist-)Kompost über den Winter mit einer Folie oder einem Flies ab (welches übrigens aus schmutziger Schafwolle bestehen kann, die bei jeder Schafschur anfällt). Zuvor stellt man sicher, dass der Kompost feucht genug ist um im Innern Wärme zu erzeugen und so die Organismen, welche für die Umsetzung unerlässlich sind, gemütlich überwintern können. Im Frühjahr wird das Flies entfernt und vorgezogene Kürbispflanzen in den (Mist-)Kompost gepflanzt. Diese bedecken den Stock/Miete schon bald vollständig und ergeben im Herbst eine enorme Menge Früchte für Mensch und Tier. Die Ernte macht den Verlust an Inhaltsstoffen längstens wett.

Nach einer gewissen Angewöhnungszeit entfalten sich junge Kürbispflanzen auf dem Mist. Durch ihr Blattwerk halten sie den Stock zudem feucht und beschattet. (Bild: Laura Gisler)
Ein Kompostkasten für Garten und Balkon wird vorzugsweise aus unbehandeltem Holz gefertigt (am besten Lärche, Edelkastanie, Robinie oder sonst fäuletolerantes Holz). Wichtig ist, dass der Kasten eine Bedeckung und Lüftungsschlitze enthält, dazu eine Einrichtung, um den fertigen Kompost leicht herauszuschaufeln (Türe, Klappe o.ä.). Die erste Schicht besteht mit Vorteil aus Holzkohle. Diese saugt Säfte auf und neutralisiert schlechte Gerüche. Auf dem Balkon zusätzlich eine Wanne zum Auffangen von Wasser anbringen. Vom Boden muss auch Luft zirkulieren können, daher empfiehlt es sich, den Boden des Kastens 20 cm hoch mit Steinen auszulegen.                 

Schnellkompost — Wenns pressiert

Man sammle am Morgen (bei zunehmendem Mond, am besten „Aussaattage von Maria Thun“ konsultieren) Schafgarbe, Kamille, Löwenzahn, Baldrian und Brennessel in derselben Menge, trockne diese schonend im Schatten und pulverisiere sie. Zusätzlich wird Borke von der Eiche zu feinem Mehl verarbeitet und dazu gegeben. Zum Schluss kommt noch Honig dazu (alle Ingredienzen in gleicher Menge) und wird in die Kräutermischung eingearbeitet. Diese Mischung kann im Einmachglas aufbewahrt werden.

Zur Verwendung nimmt man einen Teelöffel dieser Mischung und gibt sie einem halben Liter Regenwasser zu. Gut schütteln und mindestens einen Tag stehen lassen (bleibt ca. 20 Tage voll aktiv). Den möglichst frisch geschichteten Komposthaufen, den wir erst setzen lassen, etwas festtreten, mit einer Stange ca. 50 cm tiefe Löcher im 50 cm Abstand hineinstechen und einen kleinen „Schluck“ dieser Flüssigkeit hineinleeren (ca. 1 Liter auf 4 m3). Die Löcher sorgfältig verstopfen und schon bald beginnt der Haufen, warm zu werden.

Nach ca. 5 Wochen (im Frühsommer) ist der Kompost gar und hat sich in duftende Nährerde verwandelt. In der kalten Jahreszeit dauert es etwas länger (bis ca. 10 Wochen), kann jedoch als warmes Frühbeet benutzt werden (einfach Gefässe mit Pflanzerde eingraben und einsäen).

Flächenkompostierung — natürliche Bodenpflege

Klassisch ist das Misten mit frischem Mist (laut Möschberg-Bauern: Steinmehl zusetzen) oder das Häckseln von Ernterückständen direkt auf dem Feld. Das Abweiden und die dadurch entstehende Verteilung des Tierdungs ist eine Flächenkompostierung, die gesteuert und genutzt werden kann. Nachdem Kühe eine Fläche gegrast haben, kann man ca. 1 Woche später mit einem mobilen Hühnerstall den Kuhweiden nach.

Im Kuhmist wuselt es mittlerweile von Maden und Fliegeneiern, welche eine wertvolle Proteinquelle für das Geflügel bedeuten. Die Hühner zerkratzen die Fladen, sodass der Boden diese sehr schnell absorbiert. Zusätzlich kommt auch der Hühnermist auf den Boden und in kürzester Zeit ist die Parzelle erneut nachgewachsen und kann wiederum gemäht oder erneut beweidet werden, ohne dass Boden, Tier oder Menschen Schaden nehmen. Zusätzliche Vorteile sind die vielen äusserst schmackhaften Eier, Futterersparnis beim Hühnerfutter und die natürliche Verminderung von Fliegen.

Ackerbau auf Standweiden

Dieselbe Version in konzentrierter Form ist der Ackerbau auf Standweiden: die Nutztiere werden im Auslauf gefüttert, da wo im darauffolgenden Frühjahr ein Acker bestellt werden soll. Eine mobile Krippe erlaubt die Fütterung nach den Bedürfnissen des Bodens. Wenn der Boden gefroren ist, kann über längere Zeit, ohne den Boden zu schädigen, am gleichen Ort ausgefüttert werden. Vorsicht bei nassem Wetter: Verdichtungen! Im zeitigen Frühjahr lediglich fräsen und aussähen. Bei Pferden und Eseln kann es Probleme mit Verunkrautung geben.

Effektive Kompostierung im Garten

Die Ernte im Garten so gestalten, dass möglichst viele Wurzeln im Erdreich verbleiben. Alles nicht in der Küche Verwertbare oder auf dem Markt nicht Verkäufliche bleibt grundsätzlich im Garten. Mit den losen Teilen kann man mulchen, d.h. die nackte Erde bedecken (z.B. zwischen den Reihen). In jedem Fall ist es ratsam möglichst wenig bare Erde dem Wetter auszusetzen (Erosion durch Regen und Wind).

Über Winter ist es sehr wichtig die Erde möglichst bedeckt und bewurzelt zu halten. Deshalb räumen wir den Garten im Herbst nicht ab, sondern lassen möglichst alles organische Material im Boden. Sieht nicht besonders gepflegt aus, erhöht jedoch das Nährstoffrückhaltevermögen insbesondere in niederschlagsreichen Zeiten massiv.

Im späten Winter oder je nach Klima im zeitigen Frühjahr werden alle organischen Materialien sorgfältig zusammengenommen. Die Wurzeln ausgerissen, vertrocknete Stängel und Blätter zusammengerecht und dort wo im vorigen Jahr die Zwischenwege waren, aufgeschichtet. Dann mit Gartenerde von beiden Seiten bedecken, so dass eine Art Hochbeet und beidseitig daneben ein neuer Zwischenweg entsteht. So werden die neu entstehenden Beete gut durchlüftet, man kann Kompost daruntermischen und erhöht den Humusgehalt schnell und effizient ohne zu viel Arbeit. Solche Beete eignen sich insbesondere für Setzlinge von Starkzehrern. Für die Aussaat empfiehlt sich eher ein frisch abgeräumtes Saatbeet da dieses noch nicht die grosse Nährstoffverfügbarkeit haben muss, solange die Saat aufläuft. Später kann man mit (Kräuter-)Jauchen, Mulch oder Kopfdüngung die Nährstoffe zuführen.


Markus Lanfranchi, BioEtico, Verdabbio/GR

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