Der Hühnerwald – Hof Hartmann in Rettmer

Ein Lebensraum entsteht

Unsere mobilen Hühner haben ihren eigenen Wald – den Hühnerwald. Im April 2016 haben wir dazu auf einem Acker am Ortsrand von Rettmer mit der tatkräftigen Unterstützung zahlreicher helfender Hände 1500 Pappelstecklinge und Weiden gepflanzt.

Die Bäume bilden die Grundlage für das erste Agroforstsystem unseres Betriebes. Der Erfolg der ersten Pflanzaktion ist deutlich messbar: 3,70 m hoch war die größte Pappel in unserem Hühnerwald – nach nur einem halben Jahr!

Mitte November 2016 folgte die zweite Pflanzaktion – wegen der Vogelgrippegefahr unter verstärkten Vorsorgemaßnahmen und daher ohne Hilfe von außen: Diesmal wurden noch Wildobst, Nuss- und weitere Sträucher vor die Baumstreifen des Hühnerwaldes gesetzt.

Das Interesse ist groß

Im Frühjahr 2020, fast auf den Tag genau vier Jahre nach der Erstanlage, haben wir unseren Hühnerwald dann nochmals um vier Hektar nach Süden vergrößert: noch mehr Bäume, noch mehr Platz, noch mehr artgerechter Lebensraum für unsere Hühner und noch mehr Biodiversität in der Agrarlandschaft – mit dem Hühnerwald und unseren Pappeläckern (Baumstreifen auf dem Acker) werden Agroforstsysteme nach und nach zu einem ganz wesentlichen Bestandteil unserer betrieblichen Nachhaltigkeitsstrategie.

Hühner unter Bäumen auf dem Acker? Ja, warum nicht?

Unser Hühnerwald dient als artgerechter Lebensraum für unsere mobilen Hühner. Hier und auf weiteren Flächen werden die mobilen Ställe unserer Legehennen und Hähnchen regelmäßig umgesetzt, sodass die Tiere immer einen frischen Auslauf zum Scharren, Fressen und Sandbaden nutzen können. Durch das intensive Suchen nach Insekten und Früchten der Wild- und Futterpflanzen können die Hühner ihren natürlichen Verhaltensmustern nachgehen und haben so stets artgerechte Beschäftigung. Entsprechend hoch ist der Wohlfühlfaktor für die Tiere – eine der wichtigsten Voraussetzungen für höchste Qualität und einen guten Ertrag.

Hier können unsere Hühner ihrem artgemäßen Verhalten nachgehen.

Der Hühnerwald bietet nicht nur viel Platz – und zwar 10 m² pro Tier und damit 6 m² mehr als gesetzlich für die Freilandhaltung vorgeschrieben -, sondern auch Schutz vor Raubvögeln, Wind und zu viel Sonne. Gerade die beiden heißen und trockenen Sommer der Jahre 2018 und 2019 haben gezeigt, wie wichtig schattige Ausläufe für die Tiere sind. Durch die kühlende Wirkung der Bäume, unter denen die Tiere ruhen können, verzeichnen wir kaum noch Verluste durch Hitze. Bei hohen Temperaturen heizen sich die Ställe leicht auf, wenn zu viele Tiere in ihnen Zuflucht suchen – ein Problem, das wir dank Hühnerwald nicht mehr haben. Um auch für kommende Hitzeperioden gewappnet zu sein und außerdem auch den Flächen noch mehr Zeit zur Regeneration zu geben, haben wir unseren Hühnerwald nun um vier Hektar erweitert. Auch hier wurden im April 2020 neue Bäume gepflanzt, überwiegend natürliche Weidensorten als frühe Pollenspender sowie einige Pappeln als Trenner.

Ein schattiges Plätzchen lässt sich hier immer finden.

Der Hühnerwald als Ökosystem

Während Pappeln und Weiden v. a. für den Bodenaufbau, für ein besseres Mikroklima und als Energiepflanzen dienen sollen, schaffen verschiedene Sorten von Pflaume, Holunder, Johannis- und Apfelbeere, Birne, Mirabelle, Hasel- und Walnuss, Liguster, Erbsenstrauch und Vogelbeere Abwechslung auf dem Speiseplan unserer Hühner und können zum Teil auch als Ertragspflanzen genutzt werden.

Zusätzlich tragen die Pflanzen durch ihr saisonal unterschiedliches Angebot an Blüten und Früchten zur Erhöhung der Artenvielfalt bei. So nutzen den Wild- und Honigbienen zum Beispiel die Weidenkätzchen und die Blüten des Pfaffenhütchens; letztere reifen später zu Beeren und Samen heran, die im Winter von Rotkehlchen und anderen Vögeln gefressen werden können. Der Weißdorn ist beliebt bei Heckenbrütern. Seine Dornen bieten Schutz vor Raubvögeln, seine Beerenfrüchte dienen als Nahrung.

So schön, man möchte fast schon selbst ins mobile Hühnerhotel einziehen!

Die bunte Mischung unterschiedlichster Sträucher, Bäume, Wildblumen und weiterer Futter­pflanzen trägt zu einem vielfältigen und gesunden Ökosystem bei. Eigens angelegte biologische Hot­spots sollen später den Artenreichtum weiter erhöhen, während, fast schon nebenbei, die Fruchtbarkeit unseres Bodens verbessert wird: durch den anfallenden Hühnerdung, durch die Biomasse der Gehölze und durch stellenweise in den Boden eingearbeitete Frischzweighäcksel und Waldboden-Pilzkulturen. Nach und nach entsteht so ein Agroforstsystem als ideale Symbiose von Mensch und Natur.

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Warum Landwirtschaft und Naturschutz Hand in Hand arbeiten sollten.

Text und Bilder: Jochen und Hilke Hartmann, 2020

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Hof Hartmann
Rettmer, Lüneburg, Deutschland
Jochen und Hilke Hartmann
4 Angestellte im Schnitt (plus 2 Saisonkräfte Frühjahr-Herbst, plus gelegentliche Aushilfen)
200 ha
Kartoffelanbau, Freilandhühner, Freilandhähnchen
Kartoffeln, Rüben, Getreide, Mais
Hühner, Schweine (hauptsächlich für Eigenbedarf), kleine Dexter-Rinder-Herde
39 m ü. M.
749 mm
25-35, max. 50 (sehr heterogen)
Demonstrationsbetrieb im F.R.A.N.Z.-Projekt (Forschungs- und Dialogprojekt zur Förderung von Biodiversität in der Agrarlandschaft)
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