Mobile Geflügelschlachtung in Tirol

Die Nachfrage vieler Konsumenten nach Fleisch von regionalem Geflügel steigt seit einigen Jahren stetig. Die Ausweitung des Angebotes wurde bisher durch die fehlende Möglichkeit einer regionalen Schlachtung gebremst. Nach über zweijähriger Projektphase gibt es nun in Tirol eine innovative Lösung: Die mobile Geflügelschlachtung, die der Maschinenring Tirol betreibt.

Neue Möglichkeiten für Direktvermarkter

In Tirol vermarkten bisher nur wenige Pioniere Geflügelfleisch. Die Selbstversorgung mit Geflügelfleisch liegt lediglich bei rund einem Prozent! Ziel ist es, den Selbstversorgungsgrad schrittweise zu erhöhen. Ab sofort steht in Tirol eine mobile Schlachteinrichtung für Geflügel zur Verfügung – beispielsweise zur Schlachtung von Legehennen, die dann als sogenannte Suppenhennen vermarket werden.

Rechtliche Herausforderungen

Die Corona-Krise hat die negativen Seiten der Fleischindustrie in den Fokus gerückt. Kostendeckend gearbeitet werden kann dabei nur über die Masse. Regionale Schlachtbetriebe stehen daher vor der Herausforderung, sowohl wirtschaftliche als auch rechtliche Hürden zu überwinden. Die zahlreichen Auflagen sind bereits für Kleinbetriebe schwer umsetzbar, dementsprechend schwierig war es, diese auf das Konzept der mobilen Schlachtung umzulegen.

Aus der Praxis

Mit der Mobilen Geflügelschlachtung können jegliche Art von Geflügel – von Lege- und Masthenne, über Puten und Enten bis hin zu Gänsen – geschlachtet werden. Die Mobile Geflügelschlachtung kommt in Form eines großen Autoanhängers auf den Betrieb. Vor Ort muss ein geeigneter, möglichst ebener Standplatz vorhanden sein. Es wird ein 16A Starkstromkabel und ein 3⁄4“ Wasserschlauch für den Betrieb des Hängers benötigt. Für die Ableitung des Schmutzwassers muss in der Nähe des Standorts ein Kanal oder eine Güllegrube vorhanden sein. Damit keine unnötigen Wartezeiten entstehen, sind bereits einige Tiere in Kisten vorzubereiten. Für das Fangen von weiteren Tieren bringt der Metzger fünf Geflügelkisten mit, mit denen während des Aufbaus weitere Tiere gefangen werden können.

Der Schlachtanhänger ist in einen unreinen und einen reinen Bereich unterteilt.

Der Anhänger ist in einen reinen und einen unreinen Bereich aufgeteilt. Im unreinen Bereich übernimmt der Metzger die zu schlachtenden Tiere aus den Fangkisten. Die anschließende Betäubung erfolgt elektrisch. Das Betäubungsgerät stellt die optimale Stromstärke automatisiert ein und zeigt per Lichtsignal, wenn die Betäubung abgeschlossen ist. Anschließend erfolgt das Entbluten in Schlachttrichtern, wobei das Blut separat aufgefangen wird, der Brühvorgang und das Rupfen per Rupfmaschine.
Das gerupfte Tier wird in weiterer Folge durch eine Luke in den reinen Bereich weitergegeben. Dort erfolgt das Ausnehmen und damit einhergehend die Fleischbeschau durch den Metzgermeister. Anschließend werden die Schlachtkörper in einem mit kaltem Wasser gefüllten Becken vorgekühlt. Nach einigen Minuten im Chillbecken werden die Schlachtkörper dem Landwirt zur weiteren Kühlung und späterer Verpackung übergeben.

Kühlung und Verpackung durch Landwirt(in)

Die Kühlung und Verpackung der Schlachtkörper obliegen wiederum dem Landwirt. Optional kann dazu ein Kühlanhänger ausgeliehen werden. Damit das Wasser nach dem Schlachtvorgang bzw. dem Chillbecken vom Fleisch abtropfen kann, empfiehlt sich der Einsatz von Abtropfwägen.
Für die Entsorgung der Schlachtabfälle ist der Landwirt selbst zuständig und hat einen geeigneten Behälter vorzubereiten. Nach beendeter Schlachtung wird der mobile Schlachthof am Betrieb gereinigt und desinfiziert, bevor es zum nächsten Einsatz geht.
Die Preise variieren je nach Geflügelart. Hinzu kommet eine Einsatzpauschale für den Auf- und Abbau, die Reinigung und Desinfektion des Schlachtmobils und eine Entschädigung für die gefahrenen Kilometer des Metzger-Teams samt Schlachtmobil.

Auch für kleinere Betriebe interessant

Um eine möglichst gute Auslastung zu erreichen und die Kosten für die Betriebe so gering wie möglich zu halten, werden vom Maschinenring Touren zusammengestellt. In diesem Fall werden die Kilometerkosten auf die Betriebe aufgeteilt. So profitieren auch Landwirte mit kleineren Partien von der Innovation.
Für viele Betriebe ist die Geflügelhaltung ein attraktiver Betriebszweig, jedoch die Anschaffung eigener Gerätschaften und Bau von Räumlichkeiten für die Schlachtung meist wirtschaftlich nicht darstellbar. Mit dem neuen Modell der mobilen Geflügelschlachtung werden bäuerlichen Betrieben neue Wege in der Direktvermarktung und bei der Schaffung neuer Einkommensmöglichkeiten eröffnet.

Felix Weber, Maschinenring-Service Tirol, 2020

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