Agroforstwirtschaft

Agroforstwirtschaft. Dieses Wort wird in der deutschen Landwirtschaft immer bekannter. Sowohl durch Veranstaltungen an Universitäten, als auch durch Institutionen wie den 2019 gegründeten DeFAF (Deutscher Fachverband für Agroforstwirtschaft – https://agroforst-info.de/) nimmt die Bekanntheit zu. Doch was ist Agroforstwirtschaft?

Agroforstsysteme (AFS) bezeichnen eine Landnutzungsform, die den Schwerpunkt auf die bewusste Eingliederung von mehrjährigen Gehölzen zusammen mit landwirtschaftlichen Nutzpflanzen und/oder Vieh in einer räumlichen oder zeitlichen Anordnung legt, was zur Steigerung und Diversifizierung der landwirtschaftlichen Produktion führt (Nair, 1993).

Diese Kombination der verschiedenen Komponenten macht AFS ökologisch und wirtschaftlich komplexer als monokulturelle Systeme. Es wird zwischen 3 AFS – Typen unterschieden, welche zur besseren Übersicht in Tabellenform dargestellt sind.

Drei Agroforst-Typen

Agroforstsysteme Beschreibung Beispiele
silvoarabelmehrjährige Gehölze und AckerkulturAlley-Cropping, Windschutzhecken, Gewässerschutzstreifen
silvopastoralmehrjährige Gehölze und Tierhaltung Streuobstwiesen, halboffene Weidelandschaften, Waldweiden
agrosilvopastoralmehrjährige Gehölze + Ackerkultur + TierhaltungDehesa, Waldgärten
Schafweide mit Bäumen als silvopastorales System (L.Daniel)

Geschichte von Agroforstsystemen

Die Beispiele in der Tabelle machen bereits deutlich, dass AFS keine neuen Systeme sind. Stattdessen sind sie tief in der Landwirtschaft verwurzelt. In Deutschland waren bereits im Mittelalter AFS in Form von Streuobstwiesen, Schneitelbaum-, Kopfweiden- und Allee-Systemen weiträumig verbreitet (Reeg and Konold 2009). Weitere Nutzungsformen waren Holzwiesen (Nutzung von Futterlaub und Holz), Zeidlerei (Wildhoniggewinnung), Hutewälder und verschiedene Heckenwirtschafts-Systeme (ebd.). Diese einst weit verbreiteten Systeme wurden mit der Industrialisierung zunehmend aus der Landschaft verdrängt. So gab es in den 60 – 70er Jahren eine Rodungsprämien auf Obstbäume (Wiertz 2018), eine weitere Abnahme von AFS folgte im Zuge der Flurbereinigung 1954 und der Einführung der Flächenprämien 1993 (Kayser 2020). Ursachen hierfür waren sowohl praktischer als auch ökonomischer Natur (Eichhorn et al. 2006). Dazu zählen die eher geringe Eignung von AFS zur maschinellen Bewirtschaftung, eine teilweise geringere ökonomische Rentabilität und eine systematische Einteilung von Landnutzungsformen in entweder Land- oder Forstwirtschaft (Eichhorn et al., 2006; Reeg & Konold, 2009).

Agroforstsystem mit Gehölzen und Ackerbau (Christian Dupraz – INRA)

Agroforstsysteme in Deutschland

In Deutschland sind Streuobstwiesen, Windschutzhecken, Knicks in Schleswig- Holstein und Haglandschaften in Bayern das Erbe von traditionellen AFS (Hübner 2021). Seit einigen Jahren gibt es aufgrund der vielfältigen positiven Eigenschaften von Agroforstwirtschaft, auf welche in Block 2 näher eingegangen wird, wieder ein erhöhtes Interesse an den Systemen (DeFAF 2020). In Mitteleuropa kommt dies vor allem durch die Notwendigkeit zur Etablierung nachhaltiger Landnutzungssysteme als auch durch die steigende Nachfrage nach erneuerbaren Bio-Energierohstoffen (ebd.) Kennzeichen dieser modernen Agroforstsysteme ist dabei zunächst ihre Eignung zur maschinellen Bewirtschaftung mit aktueller landwirtschaftlicher Produktionstechnik. Ein weiteres wesentliches Ziel moderner Agroforstsysteme ist, dass die landwirtschaftliche Nutzung möglichst wenig durch die Bäume beeinträchtigt und dass eine ökonomisch konkurrenzfähige Produktion von tierischen, ackerbaulichen und forstwirtschaftlichen Produkten ermöglicht wird (ebd.).

Lena Daniel, 2021

Dieser Text ist auf der Grundlage der Master-Arbeit “Innovationen in der Landwirtschaft. Agroforstsysteme als transformative Praxis in der Region Lübeck” an der Georg August Universität Göttingen im Master Geographie / Ressourcenanalyse und -management entstanden.

Abbildung zu den drei Agroforstsystemen: eigene Darstellung nach Nair (1985)

Quellen: DeFAF. 2020. “Häufig Gestellte Fragen.” https://agroforst-info.de/haeufig-gestellte-fragen/ (October 5, 2020).
Eichhorn, M. P. et al. 2006. “Silvoarable Systems in Europe – Past, Present and Future Prospects.” Agroforestry Systems 67(1): 29–50.
Garske, Beatrice, and Kristin Hoffmann. 2016. Die Gemeinsame Agrarpolitik nach der Reform 2013: endlich nachhaltig? Halle (Saale): Institut für Wirtschaftsrecht, Forschungsstelle für Transnationales Wirtschaftsrecht, Juristische und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Hübner, Rico. 2021. “Den Wald aufs Feld holen.” In Schwerpunkt: Welt im Fieber – Klima & Wandel, ed. Agrarbündnis. , 241–47.
Kayser, Burkhard. 2020. “Agroforst – Recht Und Politik: Wo Hakt`s?” https://www.youtube.com/watch?v=VJVnD3Uh0T0 (September 25, 2020).
Nair, P. K. R. 1993. An Introduction to Agroforestry. Dordrecht ; Boston: Kluwer Academic Publishers in cooperation with International Centre for Research in Agroforestry.
Reeg, Tatjana, and Werner Konold, eds. 2009. Anbau und Nutzung von Bäumen auf landwirtschaftlichen Flächen. Weinheim: Wiley-VCH.
Wiertz, Rainer. 2018. “Streuobstwiesen in Vossenack.” http://www.bund-dueren.de/themen_projekte/projekt_streuobstwiesen/ (October 5, 2020).

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