Gärtnerei Berg: Kundige Kunden

Was bedeutet Bodenfruchtbarkeit? Wofür brauche ich Sortenvielfalt? Wie viel Arbeit steckt in unseren (Bio-)Lebensmitteln? Es ist nicht immer einfach den Verbraucherinnen und Verbrauchern, die komplexen Aspekte des ökologischen Landbaus zu vermitteln. Doch für den langjährigen Betriebsleiter Peter Berg vom gleichnamigen Gärtnerei-Betrieb ist das die zentrale Herausforderung für eine erfolgreiche Vermarktung. Berg begeistert seine Kundinnen und Kunden bereits seit Jahren für den biologischen Gartenbau mit interaktiven Führungen, Workshops und Mitmachkonzepten.

Der Steg zum Verbraucher

Als Peter Berg 1971 die Gärtnerei Berg in dritter Generation übernahm, dachte er an die Umsetzung neuer sozialer Visionen. Ihn bewegten Fragen wie: Wem gehört der Acker? Muss er wirklich mir gehören? Es lag auf der Hand, dass er gemeinschaftlich getragene Ideen nur zusammen mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern realisieren konnte. “Uns war von Anfang an klar, dass wir die Verbraucher mit ins Boot holen müssen. Das bedeutete auch, dass wir ihnen einen Steg bauen müssen, denn sie kommen nicht von alleine angeschwommen.”

Als Biogärtner wollen die Bergs die Fruchtbarkeit der Erde nachhaltig erhalten und verbessern.

Das Vermitteln von Wissen war für Berg der Schlüssel, um eine Brücke zu seinen Kundinnen und Kunden zu schlagen. Noch heute spricht er bewusst von “kundigen Kunden”, die er gewinnen will. Denn er ist überzeugt, dass sie andere Entscheidungen treffen, als diejenigen, die Lebensmittel nur verbrauchen oder konsumieren wollen. Wer verstehen will, wie Lebensmittel entstehen, der bringt ihnen auch die notwendige Wertschätzung entgegen und entwickelt ein Verständnis für unterschiedliche Preise.

Ganz konkret nutzte Berg seinen Kundenkontakt auf dem Markt in Basel, um von seiner Arbeit zu berichten und sich transparent aufzustellen. Immer wieder sprach er die Einladung aus: Besucht uns! Wer nicht nach Binzen auf den Hof kam, konnte sich den 30-minütigen Image-Film ansehen, der zeigte, wie seine Gärtnerei funktionierte.

Im nächsten Schritt entwickelte er einen Gemüse-Lieferservice, um die Nähe zur Kundschaft auszubauen. Dabei war es Peter Berg besonders wichtig, zu jeder Zeit Gesicht zu zeigen und für Fragen zur Verfügung zu stehen. Um die Kundschaft intensiver an sich zu binden, begann er Führungen an jedem ersten und dritten Samstag im Monat anzubieten. Zu Besuch kamen Abonnentinnen und Abonnenten und Marktstand-Kundschaft. Das Interesse war derart groß, dass er daraus ein fortlaufendes Führungskonzept entwickelte, das er bis heute weiter ausgebaut hat.

Die Mühen lohnten sich: Als er zu einer Spende aufrief, um den Bau eines Glashauses zu finanzieren, war Berg überrascht von der positiven Resonanz. Nach dem Motto “Was man liebt, das schützt man”, waren zahlreiche Kundinnen und Kunden bereit, sein Projekt zu unterstützen.

Wer es ähnlich anpacken möchte, dem empfiehlt Berg: “Die Kunden wollen nicht nur von deinen Problemen hören. Am besten kommuniziert man eine Erfolgsstory. Und wenn man Probleme hat, dann sollte man nicht jammern, sondern konkret sagen, was man braucht, um das Problem zu lösen.”

Lizenz zum Selberernten

Postelein mit Infoschild versehen

Wer den Pflückpass erworben hat, darf in der Gärtnerei jederzeit frisches demeter-Gemüse ernten.

Regelmäßig fragten die Besucherinnen und Besucher der Biogärtnerei, ob sie auch direkt im Gewächshaus ernten könnten. Deswegen entwickelte Familie Berg 2003 die Idee eines “Pflückpasses”, der noch bis heute erworben werden kann. Alle, die eine zweistündige Schulung absolvieren, dürfen anschließend selber ernten. Berg oder ein Team-Mitglied erklären, wie welches Gemüse gepflückt wird. Die Kursleiter betonen zudem, wie viel Arbeitsschritte nötig sind, damit die einzelne Pflanze wachsen kann.

Bis heute hat das Gärtnerei-Team über 700 Personen geschult. Sie können dann – wenn es ihnen passt – zum Ernten in die Gärtnerei kommen. Am Eingang stehen Kisten in verschiedenen Größen, die sie für zwölf Euro befüllen können. Im Gewächshaus helfen Schilder bei der Orientierung. Nur wenn etwas schon reif ist, kann es geerntet werden. So erleben die Kundinnen und Kunden den Szenenwechsel der Jahreszeiten und lernen etwas über Fruchtfolgen.

Was auf den ersten Blick wie ein Wagnis erscheint, ist auf den zweiten sogar ein wirtschaftlicher Gewinn: Denn das Teuerste am Gemüse ist die Ernte und die Aufbereitung. Deswegen kann die Gärtnerei beim Selbst-Ernte-Modell auch Preiszugeständnisse machen. Und nicht zuletzt macht es nur einen kleinen Teil des Gesamtumsatzes der Gärtnerei aus. Fast 70 Prozent aller Erzeugnisse verkaufen die Bergs weiterhin in ihren Hofläden und auf dem Markt.

Boden-Botschafter im TV

Eine Besonderheit: Süßkartoffeln

Peter Bergs Vermittlungsansätze gehen über die Gärtnerei hinaus. Seit 14 Jahren ist der Bio-Gärtner im SWR zu sehen. Regelmäßig steht er in der Sendung “Kaffee oder Tee” für Publikumsfragen rund um Anbau, Pflege und Ernte zur Verfügung.

Immer wieder erreicht ihn die Frage nach einer geeigneten Abwehr von Schädlingen oder nach der Heilung von Pflanzenkrankheiten. Sein Hauptanliegen ist es, klar zu machen, dass es nicht darum geht, ein Gegenmittel zu streuen. Vielmehr sensibilisiert er für die Frage: Wie halte ich meinen Boden lebendig?

Berg weiß, dass er nicht alle Menschen erreichen kann. Ihm ist es wichtig, diejenigen zu unterstützen, die sich dafür interessieren: “Ich will ihnen helfen, es gut machen zu können. Und ich will die Menschen für Gemüse begeistern.”

Autorin: Karin Wilhelm

Quelle: Beitrag auf ökolandbau.de

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Gärtnerei Berg
Im südlichen Markgräflerland im Dreiländereck zwischen Deutschland, Frankreich und der Schweiz.
40 ha
70 verschiedene Gemüsekulturen
Als erster Betrieb in Deutschland führte er 1984 das Gemüse-Abo ein.
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