Ein Vertrags-Landwirtschaftsprojekt gründen
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biocò wurde im November 2013 gegründet. Die Kooperative versorgt etwa 120 Personen wöchentlich mit Gemüse. Mithilfe auf dem Feld und Mitbestimmung sind genauso wichtige Bestandteile wie das Teilen der Ernte und des Risikos. Auf diesem Blog wird in regelmässigen Abständen darüber berichtet, wie die Kooperative sich entwickelt und welche Herausforderungen zu bewältigen bzw. Höhepunkte zu feiern sind.
Erfahrungsberichte von biocò
Schon beim ersten Treffen im Februar 2013 in Wettingen sind ganz unterschiedliche Leute dabei. Von der 28-jährigen Studentin aus Griechenland über den Primarschullehrer bis hin zur Pensionärin. Anfangs geht es vor allem darum, gemeinsam zu definieren, wie unser Gemüseprojekt aussehen soll. Zudem müssen wir einen Hof finden, der uns Land zur Verfügung stellt und am besten auch gleich noch ein kleines Gebäude dazu. Im Mai gehen wir für einen ersten Besuch auf den Geisshof bei Gebenstorf. Und realisieren, dass Astrid und Michael Köhnken nicht nur zwei in Gemeinschaftsprojekten erfahrene Menschen sind, sondern dass sie auch Interesse an einer konkreten Zusammenarbeit haben. „Wir haben selber schon daran gedacht, ein Vertragslandwirtschaftsprojekt anzuschieben, doch wir hatten bisher einfach nicht die Kapazität, es allein zu tun.“ Man ist sich sympathisch und auch das von Michael erläuterte Konzept von Landwirtschaft passt zu unseren Vorstellungen. Er arbeitet nach den Demeter-Prinzipien, setzt auf Vielfalt und baut Sorten von Pro Specie Rara an.
Bio, fair, regional, saisonal und selbst angebaut
Michael kann sich vorstellen, 50 Aare seines Landes für die zukünftige Genossenschaft mit Gemüse zu bebauen. GemüseabonnentInnen treten der Genossenschaft bei, erwerben Anteilsscheine à 250 Franken und zahlen einen jährlichen Beitrag für den Bezug von Gemüse. Ausserdem beteiligen sie sich an der Arbeit, die der Gemüseanbau, aber auch die Ernte und Verteilung des Gemüses erfordern. Konkret sind dies zwölf Halbtage Mitarbeit pro normalem Jahresabo für 2-3 Personen, das 1’100 Franken kostet. Entscheidend an diesem Konzept ist das Teilen der Ernte und damit auch des Risikos. Was auf dem Feld wächst, ist für die GenossenschafterInnen. Gibt es einen Hagelschaden oder wird ein Gemüse von einem Schädling befallen, so gibt es weniger Gemüse in der wöchentlichen Tasche. Und geraten die Tomaten grossartig, so können sich die GenossenschafterInnen über grosse Mengen der roten Früchte in guter Qualität freuen. Einmal jährlich wollen wir gemeinsam mit Bauer Michael die Anbauplanung diskutieren und beschliessen. Er bringt das Fachwissen ein und wir als GenossenschafterInnen unsere Gemüsewünsche. Überhaupt soll das Genossenschaftsprinzip gelebt werden; alle können sich einbringen, damit der gemeinsame Gemüseanbau gelingt und nebenbei noch ein soziales Netzwerk entsteht. Eine so genannte Betriebsgruppe (Vorstand) sorgt dafür, dass alle Abläufe funktionieren.
Gleichgesinnte finden
Nun geht es darum, über unseren kleinen InitiantInnenkreis hinaus Gleichgesinnte zu finden. 60 Abos sollen zukünftig über die Genossenschaft verteilt werden. Doch auch mit 40 würden wir starten können. An drei Infoveranstaltungen in Baden, Wettingen und Ennetbaden erzählen wir Interessierten von unserer Idee. Wir legen Listen aus, in die man sich mit Name, Adresse, E-Mail und Abowunsch eintragen kann. Damit können die Leute ihr Interesse bekunden, ohne gleich eine Verpflichtung einzugehen. Wir sehen, dass es stimmt, was wir uns erhofft haben: Es gibt eine Menge Leute, die Lust auf frisches, faires Gemüse aus der Region haben; die selber gerne mit Hand anlegen wollen, auf dem Feld und in der Genossenschaft.
Frisch gewagt….
Mit dieser Basis traut sich die Gruppe der fünf InitiantInnen den Sprung ins kalte Wasser und lädt auf den 15. November 2013 zur Gründungsversammlung von „Gmües“ ein. Es kommen rund 30 Leute. Die Stimmung ist gut. Die Spannung steigt, als es darum geht, gemeinsam über den Namen der Genossenschaft zu entscheiden. Viele Ideen sind zusammengekommen. Am Ende siegt der Vorschlag von Initiantin Anna: biocò {bjoco}, was sowohl „bio“, als auch „cò“ (auf Rätoromanisch „hier“), und das „co“ von „Cooperativa“ enthält, sowie das „B“ von Baden und Brugg. An diesem Abend füllen 20 Personen ihre Beitrittserklärungen zur Genossenschaft aus und melden sich für ein Gemüseabo an. Nun wird es handfest. Die Genossenschaft ist gegründet, der Hof gefunden und viele engagierte Menschen sind dabei.
…. ist halb gewonnen
Mitte Februar 2014 treffen wir uns zur nächsten Generalversammlung. Michael Köhnken stellt seine Anbauplanung vor, die nach einigen Ergänzungen durch die Mitglieder angenommen wird. Dann geht es um das Logo für biocò und die heikle Frage: Plastik oder Jute? Papierbeutel oder doch lieber stapelbare Kisten? Eine heisse Diskussion. Schliesslich sollen die Taschen oder Körbe nicht nur praktisch, sondern auch fair und in der Region produziert sein. Am Ende entschliessen wir uns, die endgültige Entscheidung der Betriebsgruppe zu übergeben. Eine Arbeitsgruppe soll die Mitbestimmung der Mitglieder, die das Thema sehr beschäftigt, ermöglichen. Und dann geht es ans Buffet. Viele haben etwas mitgebracht, und so gibt es diverse Köstlichkeiten. Mmmh, so schmausend lässt es sich herrlich weiterschwätzen und kennenlernen. Auf dem Geisshof legt Michael in den nächsten Tagen die ersten Saatkörner in die Erde.
Sonja Korspeter, 2014, Aargau
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