Wenn Bäume Hula-Hoop tragen: ungewöhnliches Zaunsystem

Auf dem Naturhof Schönegg tragen die Bäume Hula-Hoop-Reifen! Was zunächst wie ein skurriler Scherz klingt, entpuppt sich als ausgeklügeltes Zaunsystem. Die Bäume sind weder mit Maschendraht umzäunt noch mit einem Kunststoffschutz eingepackt, sondern von einem Metallreifen umgeben.

Joe Heggli erklärt:

Wir haben auf der ganzen Fläche Kabel in den Boden verlegt. Dadurch sind wir in der Bewirtschaftung – ob Weide oder Schnitt – flexibel, weil die Bäume nicht ausgezäunt werden müssen.

Joe Heggli

Geschützt werden Hochstammbäume, die über die gesamte Fläche verteilt stehen. Ohne Massnahmen wären sie auf der Milchviehweide stark gefährdet: durch Frass, Scheuern oder das Abknicken junger Triebe. Der Metallreifen bewirkt aber auch, dass die Kühe des Betriebes etwas Abstand von den Bäumen halten. Dadurch wird die Erde direkt beim Baum weniger zertrampelt. So werden wurzelschädigende Verdichtungen minimiert.

Ein Zaunsystem im Boden – wie funktioniert das?

Bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass bei jedem Baum ein schwarzer Schlauch aus dem Boden herauskommt. Über diesen werden die Metallringe mit Elektrizität versorgt. Die Leitung selbst verläuft rund 20 Zentimeter tief im Boden – ein für diese Parzelle ausreichender Wert, da Ackerbau nicht vorgesehen ist. Die Ringe werden je nach Baumalter unterschiedlich befestigt: Bei jungen Bäumen an einem Pfahl mit einer waagrechten Aufhängevorrichtung. An alten Bäumen wird der Ring mittels Drähten an den Ästen des Baumes aufgehängt. So ist die Fläche um den Baum vollkommen hindernisfrei. Dadurch fällt die Notwendigkeit des Ausmähens grösstenteils weg und beim Kreiseln und Schwaden kann sehr nahe an den Baum heran gearbeitet werden.

Alte Maschinen und recyceltes Material

Für das Einziehen der Leitung griff das Team auf alte Technik zurück. Mit einem seilwindengezogenen Selbsthalterpflug wurde ein schmaler Schlitz geöffnet, durch den das Kabel verlegt wurde. Dieses Vorgehen ermöglichte präzises Arbeiten bis nahe an die Bäume – ein Vorteil gegenüber grossen Maschinen wie Traktoren.

Die Wiederverwendung vorhandener Materialien zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Projekt. Die Metallringe bestehen aus Alteisen, während die Isolatoren für die Aufhängung aus Abschnitten alter Kunststoffwasserleitungen gefertigt wurden. Dadurch konnte die ganze Anlage kostengünstig realisiert werden.

Die Ringe können auch jederzeit wieder entfernt werden. Für die Installation wurde an einem Ende der Alteisenstange ein kurzes Rohr angeschweisst. Die Stange wird zu einem Kreis gebogen, und am Baum wird das freie Ende einfach in das Rohr gesteckt. Durch die Spannung des Materials bleibt der Ring sicher verschlossen.

Um die Langlebigkeit zu erhöhen, wurden die oberirdischen Kabelteile mit Elektrikerklebeband umwickelt und zusätzlich noch mit einem Rohr geschützt, sodass es beim Mähen nicht zu Schäden kommen kann.

Flexibel und nachhaltig: Ein System mit Zukunft

Ein zentraler Vorteil liegt in der hohen Flexibilität: ohne fest installierte Baumzäune kann die Parzelle als Weide oder als Schnittfläche bewirtschaftet werden. Trotzdem werden beim Baumschutz keine Kompromisse eingegangen.

Ökologisch punktet das System mit ressourcenschonender Bauweise und einer langfristig geplanten Nutzung. Auch wirtschaftlich lohnt sich der Aufwand: einmal installiert, sind die Betriebskosten gering. Die Pflege des Systems kann mit dem Baumschnitt kombiniert werden. So kann beispielsweise gleich beim Bäumeschneiden kontrolliert werden, ob die Aufhängedrähte ins Holz einwachsen.

Für die Baumgesundheit bringt das neue Schutzkonzept ebenfalls klare Vorteile. Konstruktionen mit Pfahl und Baumschutz ziehen oft Mäuse an, weil sie sich dort geschützt fühlen. Im System von Familie Heggli sollte dies nicht der Fall sein.

Das System ist nun das dritte Jahr in Betrieb und das Team des Naturhofs Schönegg ist sehr zufrieden. Einziger Kritikpunkt: Der Betrieb musste extra einen leistungsfähigeren Viehhüter kaufen, da ein normaler Apparat nicht genügend Leistung für die dicken Eisenringe brachte. Interessierten Betrieben, die das System ausprobieren möchten, würden sie deshalb raten, Kupferdraht zu verwenden.


Nicht genug mit einem ausgefeilten Zaunsystem: Auch die Unterpflanzung der Bäume ist etwas ganz Besonderes! Mehr dazu im nächsten Beitrag…


Laura Gisler, 2025

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