Grundsätzliche Überlegungen zu Futterlaub
Das Vieh im Eichiberg knabbert alles an. Alles, was im Stall aus Holz besteht: die Wände, Kot- und Bugkanten der Liegeboxen, nichts ist sicher. Auch Schnüre, Halftern und Kleider darf man definitiv nicht herumliegen lassen. Dabei sind einige Tiere deutlich aktiver als andere.
Ist das Langeweile oder Ausdruck eines Mangels?
Seitdem wir einem Stammabschnitt in den Auslauf gelegt haben, ist die Nage-Aktivität an den Stalleinrichtungen deutlich zurückgegangen. Was auch immer der Grund sein mag, die Tiere nehmen Alternativen scheinbar willig an.
Kürzlich besuchte ich einen Kurs zur Laubfütterung bei Michael Machatschek und möchte nun einen Schritt weiter gehen. Unsere Tiere sollen nicht nur totes Holz zum Benagen haben, ich möchte auch die aktive Verfütterung von Laub und kleinen Zweigen ausprobieren. Laut den Kursunterlagen, die wir erhalten haben, weisen insbesondere Apfel-, Holunder- und Eschenlaub recht gute Futterwerte auf, während Weidenlaub einen hohen Gehalt an Selen hat. Auch andere Gehölze punkten mit hohen Mineralstoffgehalten. Eichen oder Tannen wirken durch die Gerbstoffe gegen Durchfall und dank des Harzes auch antiparasitär. Das sind alles gute Gründe, mehr Laub und Äste zu verfüttern.
Besonders beeindruckt haben mich Aussagen und Anekdoten darüber, dass das Vieh spürt, was es braucht, und instinktiv das richtige Futter sucht. Dafür brauchen sie aber auch die entsprechende Auswahl.
Stellt sich nur die Frage: Frisst unser Vieh das überhaupt?
Hier habe ich kaum Bedenken. Wir hatten immer wieder Tiere, die Gehölze wie Weiden oder Weinreben (!!) beweideten. Andere zeigten sich kreativ und fischten mit ihrer Zunge geschickt Hagebutten aus dem dornigen Gewirr einer Hundsrose. Ich denke also, dass sich unsere Tiere mit genügend Angewöhnungszeit auf Laubfutter einlassen würden.
Ebenso wichtig sind allerdings die logistischen Fragen:
- Welche Pflanzen sind bereits auf dem Betrieb vorhanden und könnten geerntet werden?
- Wie wird die Ernte und Lagerung des Laubfutters einfach in die betrieblichen Abläufe integriert?
- Wie wird das Laubfutter an die Tiere verabreicht?
Vorhandene Futterpflanzen
Bei uns auf dem Betrieb findet man alle Arten von Obstgehölzen. Auch Hasel, Weiden, Rottannen und Buchen sind vorhanden. Eschen und Eichen gibt es nur wenige. Um auszuprobieren, wie das Vieh reagiert, möchte ich Laub von diesen bestehenden Pflanzen ernten. Bei den Obstgehölzen habe ich jedoch Bedenken. Wenn die Tiere das Laub im Stall gerne fressen, ist die Chance gross, dass sie das auch auf der Weide tun werden. Bisher haben wir die Bäume meist etwas geschützt, wenn Flächen mit Obstbäumen beweidet wurden. Sind die Kühe aber entschlossen, an das Laub zu kommen, reicht natürlich ein einzelnes Drähtchen als Schutz nicht mehr aus.
Ernte und Lagerung
Bei den Obstgehölzen könnte die Laubernte über einen Sommerschnitt stattfinden. Dabei würde es sich anbieten, auf Flächen, die sowieso gemäht werden, bei einigen stark wachsenden Apfelbäumen die Wasserschosse zu entfernen. Diese könnten dann mit dem Grasschnitt zusammen dörren und würden auf den Heustock gebracht. Somit wäre der einzige zusätzliche Aufwand das Schneiden oder Reissen der Wasserschosse.
Allerdings ist bei dieser Vorgehensweise nicht kontrollierbar, wie gut die Tiere das Laub annehmen, da es mit Heu vermischt verfüttert wird. Auch eine gezielte Verfütterung an einzelne Tiere oder zu bestimmten Zeiten ist so nicht möglich. Zudem ist damit zu rechnen, dass das Vieh die Triebe in getrocknetem Zustand eher verschmäht und dass somit eine erhöhte Menge Holz in der Barnebutzete (Futterreste) zu erwarten ist.
Diese Vorgehensweise wenden wir bereits heute an, wenn wir die Flächen neben Hecken mähen. Dann werden Äste, die in den Weg reinhängen oder sonst stören, gleich mit der Sense abgezwackt. Diese lassen wir dann im Futter drin, ausser es handelt sich um sehr stachlige Pflanzen. Allerdings kommen so keine wirklich grossen Mengen an Laub zusammen.
Eine Alternative wäre es, die geernteten Wasserschosse zu sammeln und direkt zu verfüttern. Das wäre diesen Sommer möglich, da einige Tiere zu Hause bleiben und nicht z’Alp gehen. Das Einsammeln bedeutet einen erhöhten Arbeitsaufwand, der zur Zeit des Heuet nicht erwünscht ist. Allerdings bedeutet bereits das Schneiden der Schosse einen rechten Arbeitsaufwand, besonders wenn man dafür die Leiter braucht. Erklettern möchte ich die Bäume lieber nicht, um die jungen Früchte nicht abzudrücken. Um zu sehen, ob sich der Aufwand lohnt, möchte ich die Triebe deshalb ernten und direkt verfüttern.
Verabreichung an die Tiere
Dieser Teil bereitet mir fast am meisten Kopfzerbrechen. Wie verfüttere ich ganze Äste an die Tiere, ohne dass ich nachher Holz im restlichen Futter habe? Und wie verhindere ich, dass sie die Äste packen und in den Stallteil ziehen? Eine Möglichkeit wäre, nur so feine Äste zu schneiden, sodass sie im Futter nicht stören und ohne Einschränkung am Fressgitter verfüttert werden können. Dann müsste man auch weniger Bedenken haben, dass sie diese durchs Fressgitter in den Stall ziehen.
Eine andere Lösung wäre gleich die umgekehrte Herangehensweise: Wir legen ihnen so grosse Äste vor, dass sie diese nirgends durchziehen können. Diese können dann allerdings bei Vollbelegung des Stalls nicht am Fressgitter vorgelegt werden, und es bleibt die Frage, was mit dem übrig bleibenden Holz geschehen soll.
Laura Gisler,2025
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