Bewährte Kirschensorten
Liebe Leser, trotz dem schlechten Wetter: Zumindest im Flachland ist Kirschenzeit. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und euch einige der Kirschsorten vorstellen, die auf dem Betrieb meiner Eltern wachsen. Dabei handelt es sich fast ausschliesslich um alte Hochstammbäume zwischen 50 und 80 Jahren. Natürlich sind es keine modernen Tafelkirschen mit ihren grossen Früchten und dem festen Fleisch. Deshalb sind die alten Bäume auch meist ungeschnitten.
Die Kirschessigfliege macht uns zu schaffen, einen grossen Vorteil haben wir aber: Da wir uns in einer Grenzlage befinden und somit nur selten alle Bäume miteinander einen Vollertrag erbringen, können sich keine grossen Populationen der KEF aufbauen. Trotzdem ist sie ein ernsthaftes Problem. Wir pflanzen deshalb auch sicher nicht neue Kirschen im grossen Stil. Und trotzdem möchte ich hier die Erfahrungen präsentieren, die wir mit unseren Bäumen gemacht haben.
Weiter muss ich sagen, dass wir von den meisten unserer Bäume die Sortennamen nicht gekannt haben. Wir liessen deshalb von FRUCTUS einen Gentest durchführen, um die Sorten zu bestimmen. Das ist nicht ganz billig, lohnt sich aber unbedingt, wenn die unbekannte Sorte gute Eigenschaften hat und man sie erhalten möchte. Zudem hat es auch eine emotionale Komponente, die Sortennamen zu kennen. Viele dieser Bäume wurden von meinem inzwischen verstorbenen Grossvater veredelt oder gepflanzt. Diese alten Sorten zu pflegen und zu erhalten, sehe ich deshalb auch als Hommage an ihn.
Helener
Vorteile: bestes Aroma, super Kirsche für Wähen, sehr gesunder Baum
Nachteile: weich und klein, bei Vögeln extrem beliebt.
Jahre Erfahrung: ~ 40
Beschreibung: Solange ich mich erinnern kann, war der Helener der Lieblingskirschbaum der Familie. Die kleinen Kirschen sind hellrot mit hellem Fleisch, der Saft färbt somit nicht. Das Aroma dieser Früchte ist unübertroffen, ganz aussergewöhnlich für eine Kirsche weisen sie eine angenehme, aber deutliche Säure auf. Den Sortennamen kennen wir erst, seit wir einen Gentest durchführen liessen. Der Baum hat sehr gesundes Laub und ist entgegen der Sortenbeschreibung bei Pro Specie Rara bei uns nicht anfällig für Schrotschuss. Der alte Baum weist einen Trauerweidenwuchs mit stark hängenden Ästen auf. Die Blüte ist ausserordentlich spät, Mitte Mai. Die Befruchtersorte ist wahrscheinlich ein Mischler, der zwar deutlich früher, aber doch überlappend blüht. (Edit 14.10.2024: Laut dieser Publikation sind Mischler und Helener in der gleichen Intersterilitätsgruppe, meine Theorie zu den Befruchtungsverhältnissen ist also sehr wahrscheinlich falsch.) Wie man im Bild sieht, wissen auch die Vögel was gut ist und picken diese Kirschen oft an. An diesen Stellen beginnen die Früchte dann zu faulen.
Heidegger
Vorteile: von all unseren Bäumen am ehesten wie eine moderne Tafelkirsche, knackig und gutes Aroma, gesundes Laub
Nachteile: Frucht springt bei zu viel Regen auf
Jahre Erfahrung: ~ 40
Beschreibung: Die Heidegger ist eine schwarzrote Kirsche mit festem Fleisch. Somit entspricht die Sorte am ehesten den Vorstellungen von einer Tafelkirsche, erreicht aber natürlich nicht die Fruchtgrössen wie moderne Tafelsorten. Der Baum ist reichtragend und insgesamt sehr gesund. Zwar hat der Baum bei nasser Witterung etwas Schrotschuss jedoch nie so stark, dass die Vitalität beeinträchtigt wäre. Die feste Frucht neigt bei Regen leider zum Aufspringen, was zu Fäulnis führt. Die Kirsche ist schon wenn sie erst hellrot ist, bereits ziemlich schmackhaft. Es lohnt sich deshalb, sie eher etwas früher zu ernten, wenn in der Reifezeit Regen angesagt ist.
Mischler
Vorteile: sehr süsse Frucht
Nachteile: geringer bis mittlerer Ertrag
Jahre Erfahrung: ~ 40
Beschreibung: Die Mischler sind typische Innerschweizer Brennkirschen. Die Früchte sind schwarz und hängen einzeln oder höchstens zu zweit am Baum. Das sieht zwar sehr dekroativ aus, macht aber die Ernte recht «versüümig». Die Bäume werden riesig und haben darum als Landschaftselement wahrscheinlich einen höheren Wert denn als Obstbaum. Trotzdem ist die Fruchtqualität ansprechend. Manche Brennkirschen haben einen bitteren Geschmack, nicht so die Mischler. Die Früchte sind zuckersüss und pechschwarz. Die Textur ist zwar weich, aber aus meiner Sicht trotzdem angenehm.
Schauenburger
Vorteile: guter Ertrag, feine Kirsche
Nachteile: nach den anderen Sorten reif und darum sehr viel KEF-Befall
Jahre Erfahrung: ~ 5
Beschreibung: Die Schauenburger ist eine braunrote, eher ovale Kirsche. Der Baum wächst kräftig und verzweigt sich gut. Bei anhaltend nasser Witterung im Frühsommer 2023 wirkte das Laub ziemlich schäbig, hat sich dann aber schnell wieder erholt. Von den Früchten haben wir bis jetzt nicht sonderlich profitiert, da wie gesagt aufgrund der späten Reife, der KEF-Befall recht hoch ist.
Weitere Sorten:
Von den alten Brennkirschensorten befinden sich noch Basler Langstieler und Baschimeiri auf dem Betrieb. Zu diesen kann gesagt werden, dass die Bäume nicht so langlebig und gesund erscheinen wie die Mischlerbäume. Die Früchte sind die typischen, tiefschwarzen Brennkirschen, die besonders im Fall der Basler Langstieler eine recht starke Bitterkeit aufweisen.
Weiter haben wir immer noch einige Bäume, bei denen wir die Sorten nicht kennen. Falls wir für diese ebenfalls noch eine Genanalyse durchführen lassen, werden diese Sorten ebenfalls noch dokumentiert werden.
Liebe Leser: Wer von euch hat Erfahrung mit Kirschen im Berggebiet? Ich freue mich auf eure Kommentare!
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