Biolandhof Braun – Die Kreisläufe der Natur verstehen lernen

Auf ihrem vielfältigen Bio-Hof wollen Irene und Sepp Braun die Bedürfnisse von Boden, Tier und Menschen respektieren und sind damit zugleich auch wirtschaftlich erfolgreich.

Der Hof der Familie Braun liegt 30km vor München im Süden Deutschlands. Es ist ein Bio-Gemischtbetrieb. Die 22 Milchkühe sowie die eigene Verarbeitung und Vermarktung der Milch machen 40% des Einkommens des Betriebes aus. Hinzu kommt als zweiter Schwerpunkt des Betriebes der Ackerbau mit Saatgutvermehrung bei Weizen, Roggen und Hafer und als Sonderkulturen Wiesenblumen- und Gemüsesaatgut. Pferdeheu und die Einspeisung von Strom aus der Photovoltaikanlage ergänzen den Einkommensmix. Außerdem führt Tochter Johanna mit ihrem Partner eine Catering-Firma und richtet Feste im hofeigenen Saal aus.

Eine große Herde

Als ich an einem verregneten Tag Anfang Mai, den Hof der Brauns erkunde, finde ich Milchkühe und schon ältere Nachzucht auf der großen Weide direkt hinter dem Stall. Schwarzbunte – die gerade zufrieden vor sich hin käuen. Im Stall stehen aktuell nur der Stier in einer großen Abteilung mit Auslauf und eine Kuh mit drei Kälbern in einer anderen. Es ist eine Ammenkuh, die die junge Nachzucht noch bis zum Alter von etwa neun Monaten betreuen wird. Zum Absetzen werden diese Drei dann für etwa sechs Wochen eine Youngster-Gruppe, um anschließend in die große Herde integriert zu werden. Sepp Braun macht gute Erfahrungen mit diesem Vorgehen: „Die Integration der Jungtiere geht meist problemlos. Die anderen Tiere sehen diese knapp einjährigen Rinder als Kinder an und so kommt es gar nicht erst zu Rangkämpfen. Diese Form der „generationenübergreifenden“ Herdenhaltung hat Auseinandersetzungen und Stress in der Herde stark reduziert.“

In der Herde sind auch die Kälber bis zum Alter von drei Wochen. Solange bleiben sie bei ihrer Mutterkuh. Die weiblichen Tiere kommen dann zu einer Ammenkuh, die männlichen werden im Kälberstall nur mit frischer Vollmilch und Heu bis 200kg gemästet.

Gras, Heu, Salz und Steinmehl

Auch die Milchkühe bekommen bei Brauns kein Kraftfutter. Im Sommer gibt es Gras oder Heu; die Tiere können frei wählen, denn sie stehen auf einer intensiven Standweide direkt neben dem Stall. Zusätzlich können sie Quellsalz schlecken oder Basaltmehl. Und im Melkstand gibt es noch eine Handvoll Getreideschrot aus Abputzgetreide der Saatgutvermehrung.

Gras und Heu sind nicht irgendwelches. Sepp Braun achtet darauf, dass es neben dem Grundbestandteil Kleegras viele Wildkräuter enthält.

Die Kühe haben diese gern und sie sind sehr mineralstoffreich. Auch die Regenwürmer lieben die Wildkräuter, vermehren sich zahlreich und helfen mit, einen gesunden Boden zu machen. In dem wachsen wiederum Pflanzen, die den Kühen gut tun und sie gesund erhalten.

Die Rechnung scheint aufzugehen. Die Fruchtbarkeit ist hoch (358 Tage Zwischenkalbezeit), die Geburten laufen problemlos und Kälberkrankheiten gibt es seit Jahren praktisch nicht mehr. Die Kühe werden im Durchschnitt acht Jahre alt und haben etwas mehr als fünf Kälber. Hier spielt natürlich auch die Zuchtlinie eine Rolle.

Lebensleistung und Robustheit

Ursprünglich bestand die Herde aus Fleckvieh. Doch nach und nach haben Brauns immer mehr Deutsche Schwarzbunte eingekreuzt. Sepp Braun gesteht, dass er kein großer Züchter sei. Er kaufe einfach alle drei Jahre einen Stier aus einer Linie, die für ihre hohe Lebensleistung bekannt sei. Im Zentrum steht für ihn, dass die Kuh bezüglich Aussehen und Leistung wesensgemäß ausgestattet ist. Das führe zu einer sehr guten Gesundheit und für den Bauern zu viel weniger Arbeit und eine gleichmäßige Milchgabe.

„Ich habe inzwischen eine ganz andere Herangehensweise als früher. Ich setze mir nicht das Ziel 10.000 Liter jährliche Milchleistung / Kuh zu haben. Sondern ich schaue, was sind die Bedürfnisse der Kühe bezüglich Haltung, Fütterung und Zucht. Und dann versuche ich entsprechend ein Umfeld zu schaffen, das diese Bedürfnisse erfüllt. So dass die Kühe möglichst keinen Stress haben und Vollwerternährung bekommen.“

Sepp Braun nimmt sich die Natur als Vorbild. Kühe auf schönen Bergwiesen seien viel gesünder; und das läge ganz sicher nicht nur an der vielen Bewegung und der guten Höhenluft. Sondern die vielfältige Zusammensetzung der Weide mit vielen Wildkräutern sei wesentlich für die gute Gesundheit der Kühe. Diese Erkenntnis versucht er auf seinem Hof mit artenreichen Weiden und Wiesen umzusetzen. Aber auch der Natursprung, die Ammenaufzucht der weiblichen Kälber und die altersgemischte Herdenhaltung sind für ihn wichtige Elemente seiner Partnerschaft mit den Kühen.

Wertvoller Dünger für den Boden

Im aktuell fast leeren Stall fällt mir noch etwas Besonderes auf: im Bereich des Stieres laufen sechs Schweine rum. „Warum soll ich auch noch einen Schweinestall ausmisten? Die beiden Tierarten vertragen sich wunderbar“, kommt als Antwort auf meine Frage. Als Einstreu verwendet Braun Stroh und zusätzlich Holzkohlenstaub, den er aus seiner Holzvergasungsanlage gewinnt. Der anfallende Festmist wird sechs Wochen lang in der Kompostieranlage kompostiert. Ergänzt um organischen Abfall, Streuwiesenmahd, Holzhäcksel und Erde und regelmäßig gewendet entsteht aus dem Festmist ein wertvoller Dünger für den Boden. Nicht zu schwer, befreit von Unkautsamen und Krankheitskeimen und vor allem fähig, Nährstoffe und Stickstoff zu binden.

Auf den artenreichen Kleegrasflächen ist es für Braun wichtig, Flach-, Mitteltief- und Tiefwurzler zu kombinieren. Die Wurzeln des Rotklee gehen beispielsweise nur einen Meter in den Boden während die Luzerne bis zu vier Meter in die Tiefe reiche. So sei der Boden sehr gut durchwurzelt und könne den Pflanzen unterschiedliche Nährstoffe zur Verfügung stellen. Zusätzlich seien die Regenwürmer gut versorgt, die ihrerseits wieder für die sehr gute Durchlüftung des Bodens sorgten.

Artenreiche Kleegras-Wiese und Weizenfeld mit Untersaat

Agroforst für mehr Gesamtertrag

Das Wachstum der Pflanzen aber auch die Vergrößerung der Gesamterträge auf ihren Flächen fördern Brauns auch durch Baum- und Strauchstreifen. Hierdurch werde der Wind gebremst, die Wasserverdunstung verringert und die Bodentemperatur um bis zu zwei Grad gesteigert. Alle paar Jahre werden die Sträucher auf Stock gesetzt und das Holz geht dann in die Holzvergasungsanlage. Diese erzeugt zusammen mit der Photovoltaikanlage so viel Strom, dass die Einspeisung in das öffentliche Netz zu einer zusätzlichen Einnahmequelle geworden ist. Das Auto der Familie fährt 100% mit Strom vom eigenen Hof und auch Heutrocknung und Kompostieranlage funktionieren mit Strom aus Sonne und Holz.

Über den Ackerbau liesse sich an dieser Stelle noch viel schreiben, denn Braun ist ein passionierter Ackerbauer, der immer schaut, wie er die Bodenfruchtbarkeit fördern kann. Zwei Prozent mehr Humus sei in den letzten Jahren auf seinen Flächen entstanden. Mit Hilfe von Zwischenfrüchten, Untersaaten, Kompost, pflugloser Bodenbearbeitung und leichten Maschinen.

Hofmolkerei und Laden in München

Die Milch geht an die Kälber, nur in Ausnahmefällen, wenn nicht gekäst wird, an das konventionelle Molkereiunternehmen im Nachbarort und zu einem großen Teil in die hofeigene Molkerei. 70.000 Liter Milch verwandelt Käserin Petra in etwa 15 verschiedene Sorten Hart-, Weich- und Frischkäse. Alle sind ausschliesslich aus Rohmilch. Zusätzlich werden Butter, Crème Fraîche, Sahne, Joghurt und Quark hergestellt. Ein Teil der Produkte wird über einen Selbstbedienungskühlschrank am Hof verkauft. Ein weiterer geht über den Catering- und Festservice von Tochter Johanna. Und ein großer Teil findet zu guten Preisen Absatz über einen kleinen Bio-Laden in München, den die Brauns gemeinsam mit einem Gärtner betreiben. Dort werden zusätzlich Kuchen, Nachspeisen und Quiches aus Johannas Küche vermarktet. Auch sämtliche Wurst und Fleisch von Kälbern und Altkühen werden über diese Wege verkauft.

Sepp Braun und seine Frau Irene öffnen immer wieder Neugierigen die Tür, die den Hof und seine Prinzipien näher kennenlernen möchten. Kollegen, Schulen und auch Forscher kommen vorbei. Im Rahmen seiner Tätigkeit im Vorstand des Bio-Anbauverbandes Bioland engagiert sich Sepp Braun unter anderem für eine Weiterentwicklung von Aus- und Fortbildung im ökologischen Landbau.

 

Weitere Informationen:

Vortrag von Sepp Braun “Landwirtschaft in Partnerschaft mit der Natur” auf landwirtschaft-lernen.ch

Biobauer Sepp Braun im Gespräch: Treffen der Wege – Ökoideologische Träume

Film „Der Bauer mit den Regenwürmern“ über den Biohof der Brauns: Link zur Filmseite

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Biolandhof Braun GbR
30 km vor München in Süddeutschland
Irene (58) und Sepp (60) Braun
54 ha
Bioland
Milchvieh, Ackerbau mit Steigerung der Bodenfruchtbarkeit, Käserei (70.000 L/ Jahr)
Kleekräutermischung, Hafer, Winterweizen, Winterroggen
22 Milchkühe (jährliche Milchleistung: 6.200 L/ Kuh)
1 Stier + weibliche Nachzucht und Mastkälber
350 Hühner Zweinutzungsrasse, Bruderhahn-Mast
6 Schweine, 2 Schafe
450 mm
Tretmiststall mit Außenauslauf
Hofeigene Molkerei
Agroforst
Pfluglose Bodenbearbeitung
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