Misch- und Wechselbeweidung mit Pferden und Wiederkäuern durchführen

Heutzutage werden in Deutschland Tierarten normalerweise „artenrein“ auf Grünlandflächen gehalten. Dies war jedoch nicht immer so; in früheren Jahrhunderten dominierte vielmehr eine Misch- Wechselbeweidung.

Dies hatte folgende Gründe:

  • Es gab in den Betrieben nicht so viele Tiere von einer Art.
  • Auf den Höfen herrschte eine Vielfalt von Tierarten: Rinder, Pferde, Schafe, Ziegen, Schweine und Federvieh.
  • Pferde wurden als Nutz- und nicht als Sporttiere gehalten.
  • Die Weidepflege wurde von Hand durchgeführt, sofern überhaupt eine Pflege erfolgte.
  • Durch die Misch – bzw. Wechselbeweidung wurden die Aufwüchse besser genutzt, es gab deutlich weniger Weidereste, weil die eine Tierart das wegfraß, was die andere stehengelassen hat, eine Art biologische Weidepflege.
  • In früheren Jahren wurde meist ( nicht immer) zunächst eine Heunutzung durchgeführt, ehe das Vieh auf die Grünlandflächen aufgetrieben wurde: diese frühe Form einer Mähweidebewirtschaftung war geeignet, die Narbenprobleme mit im Griff zu behalten.

In anderen Ländern wie z.B. in Großbritannien, USA, Kanada, Brasilien ist es auch heute noch weit verbreitet, dass mehrere Tierarten auf denselben Grünlandflächen zusammen oder auch nacheinander weiden.

Eine dichte Grasnarbe und geringe Weidereste sind positive Auswirkungen einer langjährigen Mischbeweidung.
Nicht nur das Fressverhalten der Tierarten unterscheidet sich.

Um Vor- bzw. Nachteile einer Mischbeweidung darzustellen, muss zunächst einmal eine Analyse des Verhaltens der einzelnen Tierarten durchgeführt werden. Erst diese Kenntnis ermöglicht es, das Verfahren auch einigermaßen sachorientiert und nicht emotional oder rein gefühlsmäßig einzuordnen. Da es in verschiedenen Ländern offensichtlich gut funktioniert, kann es nicht so ganz verkehrt sein.

  • Pferde: Mit kennzeichnend für das Verhalten der Pferde auf der Weide ist ihr intensiver Bewegungsdrang. Dabei bestehen jedoch recht deutliche Rassenunterschiede (als Beispiel seien hier nur Vollblüter, Kaltblüter genannt). Die Tiergewichte variieren ebenfalls sehr stark, z. B. zwischen Kaltblütern mit ca. 750 kg Lebendgewicht und Shettys mit ca. 80 kg Lebendgewicht. So unterschiedlich wie die Rassen, so unterschiedlich sind auch ihre Bedürfnisse und Ansprüche an Haltung und Ernährung (Weide). Gemeinsam ist aber allen der deutlich ausgeprägte Herdentrieb. Die Grasnarbe wird intensiv durch die Hufe, und den oftmals sehr tiefen Verbiss der Pferde strapaziert. Pferde sind sehr wählerisch und können sehr selektiv beweiden. In der Regel gibt es größere Flächenanteile und vor allem die Geilstellen, die nicht oder kaum angerührt werden, während in direkter Nachbarschaft oftmals die Grasnarbe bis unmittelbar an den Boden verbissen wird. Die Kotstellen treten häufig nur an einigen Stellen der Weide auf, den sogenannten Pferdetoiletten.
  • Rinder: Rinder haben nur einen relativ geringen Bewegungsdrang, allerdings gibt es auch hier, wenn auch nicht so ausgeprägt wie bei Pferden, Rassenunterschiede (z. B. Rotbunt, Schwarzbunt, Angus, Galloways und Limousin). Rinderklauen schonen den Boden deutlich besser als Pferdehufe, besonders bei feuchten Böden. Aber auch hier gibt es größere Unterschiede, da der Klauendruck auf die Narbe oder gar das Eindrücken der Klauen in die Narbe nicht nur von der Schwere der Tiere abhängig ist, sondern mehr von der Auflast pro cm2. Der Verbiss der Grasnarbe ist allgemein nicht so tief und die Beweidung ist flächiger und weniger selektiv als bei Pferden. Auch weniger gut schmeckendes Futter wird mit verbissen, wenn auch nicht so intensiv wie das wohlschmeckende.
  • Schafe: Man sagt, Schafe würden sich sehr gut eignen, um Weideflächen zu „verbessern“, auch weil sie die obersten Teile des Bodens mit ihren kleinen Klauen „verdichten“ und somit das Pflanzenwachstum in geringem Umfang anregen sollen; deshalb sprach man auch früher vom „Goldenen Tritt“. Durch ihr geringes Körpergewicht verursachen sie keine Trittschäden und sie sind in der Lage auch Grenzlagenflächen zu beweiden. Schafe können jedoch Pflanzen durch ihren sehr starken Verbiss auch schädigen, daher von früher auch der Hinweis auf den „Giftigen Zahn“. Im Gegensatz zur weit verbreiteten Meinung, ist die wirtschaftliche Schafhaltung auch an qualitativ besseres Futter gebunden, da sie Minderwertiges wie Horstrotschwingel, Rotes Straußgras und Schafschwingel zwar verbeißen, aber die Futteraufnahme solcherlei schlechten und schwer verdaulichen Futters ist gering. Sowohl die Zunahmen als auch die Milchleistung ist so miserabel, dass die Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben ist. Damit würden sie dann auch endgültig aus der Landschaftspflege verschwinden.
  • Ziegen: Ziegen sind im Verhalten ähnlich wie die Schafe einzustufen. Sie sind jedoch unter den Wiederkäuern (leider) die reinsten Feinschmecker. Sie beweiden oftmals je nach vorhandener Vegetation sehr selektiv, fressen aber auch Pflanzen, die von anderen Tierarten gemieden werden (z.B. Büsche, Hecken, Obstbaumzweige, Breitwegerich, Hahnenfuß u.a.). Zudem sind sie viel lebhafter als Schafe. Man sollte unbedingt ein besonderes Augenmerk auf die ordnungsgemäße und für Ziegen geeignete Umzäunung legen. Ein altes Sprichwort besagt: „Wo der Kopf durchpasst, geht auch der Rest der Ziege durch“.

Die praktische Umsetzung der Mischbeweidung bringt Vorteile

Eine Mischbeweidung und/oder Wechselbeweidung von Pferden mit Rindern, Schafen oder Ziegen ist aus weidetechnischen Gründen sehr sinnvoll, da sich Pferde und Wiederkäuer in ihrem Weideverhalten sehr gut ergänzen. Das selektive Beweiden der verschiedenen Pflanzenarten durch die Tierarten führt dazu, dass sie sich praktisch gegenseitig aufheben. Das heißt, dass Geilstellen von Pferdeexkrementen von Rindern gefressen werden und Wiederkäuergeilstellen werden von Pferden. Durch diesen Effekt kann einiges an Pflegemaßnahmen eingespart werden. So ganz nebenbei sei daher erwähnt, dass dadurch der Flächenertrag bei Mischbeweidung wesentlich höher ausfallen kann als bei Beweidung mit einer Tierart, da der Weiderest bei richtiger Tierzusammensetzung gegen Null tendiert.

Eine generelle Aussage über die Besatzdichte der einzelnen Tierarten kann nicht gemacht werden, sie ist von sehr vielen Faktoren wie z. B. Tierart und Rasse, Flächengröße, botanischer Zusammensetzung der Narbe, Witterung, Bodenzustand Nährstoffangebot und weiteren Standortfaktoren abhängig. Es sollte deshalb zweckmäßigerweise von Fall zu Fall entschieden werden; eigene Erfahrungen sind sehr wertvoll.

Auch die Weidehygiene ist deutlich besser zu bewerten, da die Wurmlarven der einen Nutztierart die anderen nicht schaden, sie werden im wahrsten Sinne des Wortes im Magen-Darm-Trakt der jeweils anderen Art verdaut. Ein besonderes Augenmerk sollte bei der Kombination Schaf, Ziegen- und Pferdebeweidung jedoch auf die Entwurmung gegen Lungenwürmer und Leberegel bei den Schafen/ Ziegen gelegt werden. Auch können sich Pferde mit dem Bornavirus (Hitzige Kopfkrankheit) anstecken, einem Krankheitserreger, der Verhaltens- und Bewegungsstörungen auslöst und bis zum Tod führen kann. Leberegel und Lungenwürmer stellen (fast) nur in Feuchtgrünland eine Gefahr dar. Durch den Einsatz des Kalkstickstoffs als Stickstoffdünger kann dieser Gefahr erfolgreich Paroli geboten werden. Aus dem Kalkstickstoff wird wenige Tage nach der Düngung das giftige Cyanamid gebildet. Dieses Cyanamid ist in der Lage die Lungenwürmer und die Schnecken zu vernichten, die die Leberegel verbreiten. Mit einer Menge von 2 dt Kalkstickstoff pro ha werden gute Erfolge erzielt und gleichzeitig wird Stickstoff gedüngt. Nach der Kalkstickstoffdüngung sollte mindestens drei Wochen mit der Beweidung gewartet werden, zum Einen damit der Stickstoff als Motor des Wachstums wirken kann, und zum Anderen damit das giftige Cyanamid vom Bodenleben in die pflanzenverfügbaren Nährstoffformen Ammonium und Nitrat umgewandelt werden kann

Bei einer gemeinsamen Koppelhaltung ist jedoch unbedingt darauf zu achten, dass die Fläche genügend groß ist, damit sich die Tiere aus dem Weg gehen können. Kleinere Flächen scheiden somit von der Mischbeweidung aus, hier ist aber die Wechselbeweidung eine sinnvolle Alternative und auch sehr gut durchführbar. Pferde dominieren in der Regel ihre Weidegenossen sehr stark. Durch ihre Tritte und Bisse kann es zu gefährlichen Verletzungen kommen. Bei Ziegen besteht oftmals durch heftige Stöße mit ihren Hörnern ein Verletzungsrisiko für Pferde. Als Alternative sind hier hornlose Ziegen zu betrachten.

Ein nicht zu unterschätzendes Problem ist hier das unterschiedliche Sozialverhalten. Die Tiere verstehen sich nicht untereinander. Ein Rind kann nicht die Drohgebärden eines Pferdes einschätzen und umgekehrt. Es besteht somit ein Kommunikationsproblem zwischen den Tierarten.

Generell eignen sich Rinder jeglicher Rasse hervorragend für eine Mischbeweidung mit Pferden: sie können problemlos zusammen auf einer Koppel grasen.

Schwierig und kostenintensiv: die Umzäunung der Mischweiden. Für jede Tierart gibt es besonders gut geeignete Zäune, bei gemeinsamer Beweidung bedeutet dies jedoch leider auch, dass immer Kompromisse eingegangen werden müssen. Pferdekoppeln werden in der Regel mit Holzstangen oder E- Zaun (Breitband od. Seil) eingezäunt, während man bei Rinderweiden meistens mit Stacheldraht oder E- Zaun (Draht, sehr selten Litze) verwendet. Schafe oder Ziegen werden in der Regel mit Schafsdraht (Knotengitter 1 m hoch) oder aber in E- Netzen gehalten. Für Pferde- und Rinderbeweidung bietet sich eine Umzäumung mit Holz (Sichtbegrenzung) in Kombination mit Litze und einem leistungsstarken Weidezaungerät an. Eine Haltung unter diesen Bedingungen kann so risikarm und tiergerecht für beide Tierartenerfolgen.

Für jede Tierart gibt es besonders gut geeignete Zäune. Bei gemeinsamer Beweidung müssen immer Kompromisse eingegangen werden, im Bild so genannter Schafsdraht (1m hohes Knotengitter) mit Elektrozaun.

Schafe und Ziegenhaltung in Kombination mit Pferden ist in der Umzäunung deutlich aufwendiger. Besonders Ziegen sind hier sehr schwierig in der Weide zu halten, da sie sich auch durch kleine öffnungen hindurch zwängen. Gute Erfahrungen liegen mit der Variante Knotengitter 1 m hoch, 2 Reihen E- Litze darüber, und mit Abstandhaltern, die in ca. 0,75 m Höhe mit E- Breitband angebracht werden, vor. Dieser Zaun ist sehr dicht, Pferde können sich normalerweise nicht verletzen, da sie durch die E- Zaun- Ergänzung nicht mit dem Knotengitter in Kontakt kommen. Besonders wichtig ist hier der Einsatz der Abstandhalter, damit die Pferde nicht in das Knotengitter treten können. Ein besonders Augenmerk muss auf die korrekte Verarbeitung des Knotengitters gelegt werden, es muss sehr stramm mit Drahtspannern gezogen werden. Läuft oder rutscht einmal ein Pferd in diese Umzäunung, muss es regelrecht zurückprallen, was jedoch nur bei sehr strammen Drähten gelingt. Ansonsten verfängt sich das Pferd in den Zauntaschen, es kann sich verheddern und dann zu gefährlichen Verletzungen führen. Diese Zaunkombination wird in einem Pferde haltenden Betrieb mittlerweile seit über 20 Jahren mit guten Erfolgen eingesetzt. Ein nicht zu unterschätzender Nebeneffekt ist der, dass keine fremden Menschen und umherlaufende Hunde in die Koppel gelangen können. Dies ist besonders in Ortsnähe ein sehr großer Vorteil. Allerdings ist diese Umzäunung recht kostenintensiv.

Insgesamt überwiegen deutlich die Vorteile einer Misch- Wechselbeweidung über die Nachteile. Das ist möglich wenn es mehrere Tierarten auf einem Hof gibt, oder aber man mit Freunden, Bekannten oder Nachbarn eine Mischbeweidung durchgeführt, gibt es sehr große Einsparpotenziale im Einsatz von technischen Weidepflegegeräten, z. B. dem Mulcher. Mit etwas Erfahrung und gutem Weidemanagement ist eine weitgehend optimale Weidenutzung, Pflege und sowie gewisse „Reparatur“ von schlechten Flächen auch ohne Umbruch und Einsatz von Chemie durchaus durchführbar. Dies zeigen ganz deutlich neuere Studien der Wechselbeweidung in der Pflege von Naturschutzflächen.

Dr. Johann Junk und Horst Berg, Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Eifel, www.dlr-eifel.rlp.de

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