Hof Aebleten und Genossenschaft Minga in Meilen

Auf der Hochterrasse über dem Zürichsee liegt der Hof der van Puijenbroeks, vielfältig benutzt und bewohnt von verschiedenen Familienzweigen. 1.4 Hektaren arrondiertes Land wird vom Bioforum-Geschäftsführer Lukas van Puijenbroek und seiner Frau Jeannine bewirtschaftet.

Die Genossenschaft ist auf Initiative von Lukas und Jeannine van Puijenbroek vom Hof Aebleten im 2016 entstanden. Foto: minga.ch

Die überschaubare Fläche, eine grosse Vielfalt an Kulturpflanzen und die Lage mitten im Wohngebiet sind prädestiniert für eine solidarische Landwirtschaft, auch Vertragslandwirtschaft genannt. Anders als bei anderen Projekten gibt es aber keine Depots mit gelieferten Abokisten. Die Mitglieder ernten direkt von den Feldern. Jede Woche erhalten sie eine Liste mit dem Gemüse, das für sie auf den Feldern bereit steht zur Ernte. Freitags bis donnerstags haben sie Zeit vorbeizukommen und zu holen, was sie brauchen können. Zudem bekommen sie dieselbe Liste als Rundmail nach Hause geschickt mit zusätzlichem, praktischem Gartenwissen zu den aktuellen Produkten. Allerdings beschränkt sich die Ernte nicht nur auf Gemüse. Die Liste wird ergänzt mit Beeren, Obst, Blumen für die Vase und einem Kräutergarten, wo sich jeder nach eigenem Gusto mit Gewürzen eindecken kann. Die Erntemengen werden definiert mit Angaben zu Stückzahl, bei Salat zum Beispiel, oder mit Volumenangaben in Form von Standard-Tupperware bei Kefen und Buschbohnen sowie Gewichtsangaben für Lagergemüse.

Die Erntetipps zur entsprechenden Kultur. Foto: Nikola Patzel

«Minga vo Meile» heisst die Genossenschaft, die als Interessengemeinschaft der Selbsternter gegründet wurde; «Minga» als Abkürzung von ‹Min Garte› und der traditionellen Gemeinschaftsarbeit der Inkas, welche in Südamerika noch stets praktiziert wird. Die Leute sollen sich zu Hause fühlen auf den Anbauflächen und eingehende Begegnungen mit der Natur haben.

Die beiden Betriebsleitenden brauchen eine Stunde, um zu entscheiden, was und wie viel in der nächsten Woche auf der Ernteliste stehen soll, und eine weitere, um mit Sorgfalt das informative wöchentliche Rundmail zu verfassen. Durch das Selbsternten fällt das aufwendige Kistenpacken weg, das bei vielen Solawis die Regel ist. «Wir konzentrieren uns auf die Bodenbearbeitung, die Pflege und Pflanzung der Kulturen. Dabei machen wir möglichst viel von Hand. Eine Maschine kommt selten zum Einsatz», berichtete Lukas v.P. den Bioforümlern. Auf knapp 20 Aren gibt es einjähriges Gemüse mit 5 Parzellen. Die Kulturpflanzen bekommen viel Mulch und Kompost. «Es braucht eine vorausschauende Fruchfolge damit es gut wächst.» Die Fruchtfolge rotiert innerhalb der einzelnen Schläge. «Dabei haben wir das Gefühl, dass sich der Boden verändert. Als wir anfingen, war es ein fester Lehm, der rasch rissig wurde. Jetzt ist er weicher und sichtbar humoser.» Die eingesetzten Pflanzenschutzmittel sind minimal. Kartoffeln und Reben werden mit etwas Kupfer behandelt. Vieles funktioniert auch mit der ausgeklügelten funktionellen Biodiversität: Kohlgewächse, welche an vielen Orten oft unter Kulturschutznetzen dahinwachsen, werden mit aktiver Buchweizen- und Kornblumeneinsaat geschützt. Schnecken werden von den Laufenten vertilgt.

Foto: Nikola Patzel

Seit 2020 ist der Betrieb als landwirtschaftlicher anerkannt und direktzahlungsberechtigt. Mit diesem Zustupf konnten vielfältige Investitionen in eine Verbesserung der Biodiversität getätigt werden, wie z.B. mit Kopfweiden, extensiven Blumenwiesen und Hecken.

Vielen Leuten bedeutet es viel, selber zu ernten.

Wie gut es funktioniere, dass die Städter ernten, will jemand wissen. Die Anbauflächen sind so organisiert, dass sich jeder zurechtfindet. Die Reihen sind nummeriert, die aktuellen Kulturen haben Schilder mit Hinweisen zur korrekten Ernte. Zudem bekommt jeder Neuling eine Einführung ins Erntesystem. «Wir verstehen uns als regulierende Ernter. Wir holen das, was versteckt, ganz hinten oder allzu krumm ist.» Zudem hat jeder Ernter eine Nummer. Damit können die Mitglieder auch zu verschiedenen Gemüsereihen geschickt werden. So kann die Nummer 1-15 zum Beispiel mal von hinten her ernten. Nach getaner Ernte verschiebt jeder eine Wäscheklammer auf die andere Seite. Somit haben die Bewirtschafter einen Überblick, wie viele Leute geerntet haben. Dies hilft auch, die Erntemengen abschätzen zu können. Viele Mitglieder merken auch mit der Zeit, wie befriedigend das Ernten ist. «Vielen Leuten bedeutet es viel, selber zu ernten. Die Bindung zu den Leuten ist da. Da sie jede Woche vor Ort sind, verstehen sie auch viel mehr, was in der Natur passiert. Es wird auch Gemüse geerntet, das im Laden sicher liegen bleiben würde. Die Saisonalität ist absolut authentisch. Jede Jahreszeit hat ihre Highlights.»

Foto: Nikola Patzel

Nebst den einjährigen Gemüseflächen ist seit 2018 noch ein Agroforstsystem entstanden mit Obst, Beeren und mehrjährigem Gemüse wie Spargeln und Rhabarbern. Um gegen Wetterextreme gewappnet zu sein, ist hier eine Resilienz des Bewuchses ein wichtiges Thema. Ein Teich mit einer Dachwasserspeisung ist am Entstehen und zwei Wiesengräben ermöglichen es, Wasser abzulassen oder Wasser zurückzuhalten. Auch die Ernten aus dieser mehrjährigen Fläche kommen den Mitgliedern zu gute. «Spargeln und Erdbeeren sind tolle Ergänzungen, weil sie dann reif sind, wenn das Freilandgemüse noch nicht so weit ist.»

Vielfältige Strukturen auf kleinem Raum. Foto: Nikola Patzel.

Der Jahresbeitrag für einen Erntepass beträgt 1040 Franken und reicht für 2-3 Personen. Die abgesetzten Produkte werden auch immer wieder mit den Marktpreisen von Gemüse verglichen. In guten Jahren können die Mitglieder im Vergleich zum Marktgemüse gut mal 30 % einsparen. Dieses Betriebsmodell soll auch wirtschaftlich sinnvoll sein. «Wir schreiben unsere Arbeitszeit und die Kosten auf. Wir leisten etwas mehr als 1’000 Stunden. Davon fallen 2/3 auf die einjährigen Kulturen und 1/3 auf die mehrjährigen. Unterstützt werden wir zusätzlich von Woofern und PraktikantInnen. Somit ist hier ein Betrieb entstanden, der vielen Menschen etwas Lebensbejahendes zurück geben kann.» Die Mitglieder finden auch wieder Zugang zur ungeschönten faszinierenden Natur, die Praktikanten nehmen Inspiration mit auf ihren weiteren Weg und die Betriebsleitenden bekommen viel Wertschätzung durch herzlichen und direkten Kundenkontakt.

Jeannine van Puijenbroek, 2021

Dieser Text erschien bereits in Kultur und Politik 3/2021, zur Website: https://www.bioforumschweiz.ch/kultur-und-politik/

Hof Aebleten
Meilen
Jeannine und Lukas van Puijenbroek
70 Genossenschafterinnen und Genossenschafter, im Jahr 2022 39 Erntepässe (à mind. 2 Personen)
1.25 ha
0.84 ha
Bio
Gemüse, Obst, Reben, Nussproduktion, Getreide.
0.45ha Gemüse, 0.8ha Getreide, 0.7ha Agroforst, 0.24ha Reben
5 Laufenten und 1000e Regenwürmer
455 m ü. M.
1600 mm
Schluffiger Lehm. Schluff 50%, Ton 20%, Sand 30%
Selbsternte, Solawi.
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