Muttergebundene Kälberaufzucht auf der Leimi

Mit dem Stall-Neubau 2021 war für Vreni und Willi Ambauen klar, dass sie ihr Haltungssystem auf muttergebundene Kälberaufzucht umstellen wollen. Nun sind einige Jahre vergangen und Willi Ambauen erzählte uns bei einem Betriebsbesuch, welche Erfahrungen sie bisher gemacht haben und wie ihr System aufgebaut ist.

Die Kühe kalben meist im Galtbereich des Stalles. Dort werden die Kühe auf Tiefstreu gehalten. Ist im Galtbereich einmal zu wenig Platz vorhanden oder die Versorgung des Kalbes mit Kolostrum ist nicht sichergestellt, hat der Betrieb auch noch zwei Abkalbeboxen. Die Galtkühe und Frischgekalbten werden ausschliesslich mit Magerheu von den betriebseigenen Ökoflächen gefüttert. Dafür sollen sich die Kühe aber satt fressen können. Damit wird ein moderates Leistungspotenzial in der Startphase angestrebt, um möglichen Stoffwechselerkrankungen vorzubeugen. Idealerweise reicht die produzierte Milch gerade für das neugeborene Kalb. 2 bis 4 Tage nach der Abkalbung kommen die Kühe mit Kalb zurück in die Herde.

Sobald die Kühe mit ihren Kälbern wieder in die Gruppe zurückkehren, sind die Kälber nur noch tagsüber bei den Müttern. In der Nacht hingegen werden die Kälber separiert. Die Kälber weiden auf einer von den Kühen abgetrennten Fläche, sodass die jungen Tiere schon früh selbständig werden. Der Betrieb setzt hauptsächlich auf die eigene Nachzucht. Diese findet aber nicht in der Leimi selbst, sondern auf einem benachbarten Partnerbetrieb statt. Dafür werden die Kuhkälber im Alter von 4 bis 6 Monaten von der Mutter abgesetzt, und auf den Partnerbetrieb gebracht. Am wichtigsten ist Willi dabei, dass er immer gruppenweise absetzten kann. Deshalb nimmt er auch gewisse Schwankungen beim Alter in Kauf.

Kuh und Kalb im sonnigen Auslauf (Bild: Willi Ambauen)

Die Rinder kommen dann auch gruppenweise vom Partnerbetrieb zurück. Dies am liebsten während der Vegetationszeit, sodass die Re-Integration in die Kuhgruppe auf der Weide stattfinden kann. Kontinuität in der Herde ist Willi sehr wichtig. Darum verlässt die Leitkuh die Gruppe nie, auch als Galttier nicht. Ihre Anwesenheit garantiert Ruhe in der Gruppe und verhindert Rangkämpfe.

Die jungen Stierkälber gehen einen anderen Weg. Sie werden im Alter von drei Wochen abgesetzt und in die Kälbermast verkauft. Dabei hat Willi die Rückmeldung bekommen, dass seine Kälber zum Teil nicht am Nuggi saugen wollen. Deshalb hat er damit begonnen, die Kälber einige Tage vor dem Verkauf anzutränken, sodass sie die Routine schon kennen, wenn sie auf den neuen Betrieb kommen.

Das System ist noch nicht vollkommen ausgereift. So wäre es Willi und Vreni lieber, wenn sie ihre Stierkälber nicht so jung, sondern im gleichen Alter wie die Kuhkälber verkaufen könnten. Dafür müssten sie aber einen Partnerbetrieb finden, der bereit ist, Fresser statt Tränker zu kaufen. Zudem streben sie längerfristig eine saisonale Abkalbung an. Dabei wäre das Ziel, dass die Kühe im Januar abkalben. Im Winter und Frühjahr würden die Kälber Milch trinken und im Sommer, wenn Bio-Milch gesucht ist, würde die Milch verkauft.

Im Grossen und Ganzen ziehen Willi und Vreni eine positive Bilanz. Die meisten ihrer Kühe sind hervorragende Mütter, die die Kälber gut annehmen und sich kümmern. Bis jetzt kam es erst einmal vor, dass eine Kuh ihr Kalb nicht annehmen wollte. Eine andere Kuh hingegen hat Kälber so gern, dass es vorkam, dass ein neugeborenes Kalb auf der Weide zuerst bei ihr trank statt bei der eigenen Mutter. Auch Milchraub kommt natürlich vor. Grundsätzlich ist aber das Ziel, dass die Kälber bei der eigenen Mutter trinken, resp. dass jede Kuh ihr Kalb säugt. Es handelt sich also ganz klar um Muttergebundene Kälberaufzucht und nicht etwa Ammenkuhhaltung.

Enger Körperkontakt zwischen Kuh und Kalb (Bild: Willi Ambauen)

Auch in der Eutergesundheit scheint sich die Muttergebundene Kälberaufzucht, entgegen gewissen Vorurteilen, sehr positiv auszuwirken. Kühe, deren Kälber kürzlich abgesetzt wurden, wiesen bei der letzten Milchkontrolle sehr tiefe Zellzahlen auf. Zudem setzt der Betrieb aus Überzeugung keine Antibiotika in der Eutergesundheit ein und ist damit zufrieden. Die Befürchtung, dass Kälber aus Muttergebundener Kälberaufzucht auch im erwachsenen Alter noch saugen wollen, ist bis jetzt noch nicht eingetreten.

Ein kleiner Wermutstropfen der Muttergebundenen Kälberaufzucht ist jedoch, dass diejenigen Kühe, die ein Kalb säugen, zum Teil später wieder stierig werden, als dies in der herkömmlichen Michviehhaltung der Fall war.

Insgesamt hat sich das System aber bewährt und macht der Betriebsleiterfamilie viel Freude.

Laura Gisler, August 2024

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Leimi
Grafenort, Engelberg
Willi Ambauen
19.7 ha
0.5 ha
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Milchwirtschaft
19 Kühe und Jungvieh
714 m ü. M.
1600 mm
Schwerer Boden, Humusgehalt 4,2 %
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